TRENDS UND TERMINE

Leitfaden zum Einstieg in soziale Netzwerke

Mit 10 Tipps unterstützt der BVDW (Bundesverband Digitale Wirtschaft e.V.) Internetnutzer bei den ersten Schritten in sozialen Netzwerken. Inhaltlich geht es neben der Auswahl des passenden Netzwerkes, Pflege des Profils und dem Aufbau einer Community auch um kritische Punkte, wie den Schutz vor Spam, ungewollte Kontaktaufnahmen sowie unpassende Inhalte, die sich negativ auf die schulische Laufbahn oder Karriere auswirken könnten …

Sicherer Einstieg in soziale Netzwerke” in der Übersicht:
01. Wählen Sie das richtige Social Network
02. Legen Sie Ihr Ziel fest
03. Starten Sie auf einer Plattform
04. Pflegen Sie die Inhalte des eigenen Profils
05. Schützen Sie sich und Ihre Karriere
06. Aktualisieren Sie Ihr Profil regelmäßig
07. Schützen Sie Ihre Privatsphäre
08. Schützen Sie sich vor Spam und falschen Freunden
09. Beachten Sie den Zeitaufwand für Soziale Netzwerke
10. Das eigene Profil wieder löschen

Berufliche oder private Nutzung?
„Auch im beruflichen Umfeld werden soziale Netzwerke immer wichtiger – aus der Internetbranche sind sie schon nicht mehr wegzudenken. Geschäftskontakte lassen sich einfach pflegen, Inhalte austauschen und diskutieren sowie neue Kontakte knüpfen. Allerdings sollte schon vor der Anmeldung in einem Social Network die Zielsetzung klar sein. So eignen sich einige Netzwerke eher für die berufliche, andere für die private Nutzung“, ergänzt Felix Fiek (ethority), Mitautor und stellvertretender Vorsitzender der Fachgruppe Social Media im BVDW.

Social Network Spielregeln
„Gerade für Schüler und Studenten sind Social Networks schon jetzt ein fester Bestand des alltäglichen Lebens. Vor allem jüngere Generationen entwickeln sich zu echten ‘Digital Natives’: Termine und Verabredungen werden online getroffen, Fotos und Videos untereinander ausgetauscht, der Freundeskreis virtuell erweitert – es gibt viele Gründe, die für ein soziales Netzwerk sprechen. Allerdings gilt es auch ein paar Spielregeln zu beachten: So gehören zum Beispiel ausschweifende Partyfotos nicht unbedingt auf eine öffentlich zugängliche Profilseite“, sagt Axel Schmiegelow (sevenload), Mitautor und Vorsitzender der Fachgruppe Social Media im BVDW.

Erhältlich auf der BVDW Website
Erhältlich ist der BVDW Leitfaden „Sicherer Einstieg in soziale Netzwerke“ als Download im PDF-Format unter www.bvdw.org.

Trend „Glücksforschung“

Anleitung zum Glücklichsein


Irre, wir behandeln die Falschen” lautet der Bestseller des Psychiaters und Theologen Manfred Lütz. Wir behandeln falsch – diese Betrachtungsweise rückte mit der Positiven Psychologie, einem Forschungszweig innerhalb der Psychologie, seit Anfang der 1990er Jahre zunehmend in den Mittelpunkt. Statt sich darauf zu konzentrieren, was den Menschen unglücklich macht, forscht die Positive Psychologie danach, was ihn glücklich macht. Dabei knüpft die Positive Psychologie an Vieles an, was bereits in der Humanistischen Psychologie und der ressourcenorientierten Psychotherapie erarbeitet worden war.

Es war wie ein Erweckungserlebnis, als der Depressionsforscher Martin Seligman 1999 – es war der Gipfel des Internet“hypes“ – einen Aufsehen erregenden Vortrag über das Konzept der Positiven Psychologie hielt. Statt in den Ängsten, Verwundungen und psychischen Problemen der Patienten zu wühlen sollte sich die Psychologie den Stärken und Ressourcen widmen. „Heule nicht, handle“ – so lautete das Motto seiner fünfjährigen Tochter, die mit einer altklugen Bemerkung im Rosengarten ihren Vater veranlasste, die Positive Psychologie zu gründen. Das Konzept Seligmans hatte den Zeitgeist einer Gesellschaft getroffen, die trotz materiellen Wohlstands kaum glücklicher zu werden schien. Der Psychiater konnte sich vor Angeboten für weitere Forschungsvorhaben kaum retten. In einem Artikel in der Zeitschrift Psychologie heute beschrieb Seligman wenige Monate später das Anliegen seines Ansatzes: „Es geht nicht mehr darum, Schäden zu begrenzen – und von minus acht auf minus zwei der Befindlichkeitsskala zu kommen -, sondern wie wir uns von plus zwei auf plus fünf verbessern können.“ Vieles davon war nicht neu, doch niemand hatte es so gezielt auf den Punkt gebracht und sich selbst dabei so gut vermarktet wie Seligman. Inzwischen hat sich die Positive Psychologie als Forschungszweig innerhalb der Psychologie etabliert, der sich mit der Erforschung der positiven Emotionen, des positiven Charakters und – im Wesentlichen unterstützt durch Soziologen, Politologen und Anthropologen – mit der Erforschung positiver Strukturen befasst.

Mensch im „Flow“
Bei so viel Erfolg ist der Widerspruch nicht ausgeblieben. Moniert wurde, dass der pragmatische Ansatz der Positiven Psychologie viele Aspekte vernachlässigte. Vor allem bei Depressionen sei der Ansatz nicht immer empfehlenswert. „Menschen, die ein traumatisches Erlebnis erlitten haben, müssen erst darüber reden können, bevor sie ihre Depressionen überwinden können“, formulierte die Psychiatrie-Professorin Bessel A. van der Kolk ihre Einwände. Seligman verzichtete hingegen darauf, seine Patienten mit dem erneuten Durchleben schwieriger Lebenssituationen zu konfrontieren. Ganz nach der Devise „Glück ist lernbar“ sollten sich seine Patienten auf ihre persönlichen Stärken besinnen, abends drei schöne Ereignisse des Tages aufschreiben und sich vorstellen, was an Positivem in einem Nachruf auf sie stehen sollte. Wann aber entstehen Glücksgefühle? Der Psychologe Mihaly Csikszentmilhalyi, einer der weiteren Pioniere der Positiven Psychologie, hatte bereits 1975 entdeckt, dass Glücksgefühle dann entstehen, wenn eine Balance zwischen äußeren Anforderungen und persönlichen Fähigkeiten besteht. In diesem Fall befindet sich der Mensch im „Flow“, während ein Missverhältnis entweder zur Überforderung und damit verbundenen Ängsten führt, oder aber im gegenteiligen Fall zur Apathie. Positive Psychologie als Instrument zur Steigerung des beruflichen Erfolgs?

Verborgene Talente erkennen
Kein Wunder, dass immer mehr Unternehmen Methoden der Positiven Psychologie einsetzen, um die Leistungsfähigkeit ihrer Mitarbeiter zu steigern – darunter „Global Player“ wie der japanische Autohersteller Toyota oder die amerikanische Elektronikkette Best Buy. Auch die Media-Saturn-Unternehmensgruppe führte unter der Leitung des HR-Geschäftsführers Professor Utho Creusen den Ansatz in der Personalarbeit ein, um festzustellen, welche zum Teil verborgenen Talente die Mitarbeiter besaßen und wie man diese entwickeln konnte. Obwohl das Projekt den Best-Practice-Award des Washingtoner Gallup-Instituts für Positive Psychologie erhielt, wurde es 2006 weitgehend eingestampft, nachdem ein neues, der Positiven Psychologie skeptisch eingestelltes Management die Firmenleitung übernommen und Creusen daraufhin das Unternehmen verlassen hatte.

Dem Glück auf der Spur
Was aber macht Glück letztlich aus? Wohlstand offensichtlich nicht, obwohl Armut und finanzielle Sorgen das Glück beeinträchtigen. Nach Ansicht von David Myers vom Hope College im amerikanischen Bundesstaat Michigan, sind nicht Alter, Geschlecht und Einkommen – abgesehen von extremer Armut – entscheidend, sondern Netzwerkbeziehungen zu Familienangehörigen und Freunden sowie Glauben und eigene Werte. Andere Studien führen außerdem Gesundheit, Sicherheit des Arbeitsplatzes und persönliche Freiheit an. Ist Glück also doch nicht primär erlernbar, sondern vor allem von äußeren Faktoren abhängig? Eine europäische Studie über Glück und Lebenszufriedenheit scheint darauf hinzudeuten: So erreichten die reichen, sozial entwickelten Länder wie Dänemark, Schweden und die Niederlande mit einem hohen Index für Lebensqualität Spitzenwerte, während sich ärmere, weniger sozial entwickelte Länder wie die Türkei, Rumänien und Bulgarien am Ende der Rangliste wieder fanden. Eine andere Untersuchung hingegen zeigt Erstaunliches: Die glücklichsten Menschen, so der World Values Survey, leben in Nigeria.

ERFAHRUNGEN UND ERFOLGE

Doof durch PowerPoint?

Vom Wissenschaftskongress über den Pitch bis zur privaten Hochzeitsfeier – es findet sich kaum ein Anlass, zu dem PowerPoint-Präsentationen nicht eingesetzt werden. Täglich sollen es 30 Millionen sein, so die Schätzungen von Experten. Kein Wunder, dass die Debatte über das Microsoft-Programm in vollem Gange ist. „Macht PowerPoint blöd?“ titelte heise online …

... bereits vor sechs Jahren und führte einen Bericht der New York Times an, in dem diese die Katastrophe um die Raumfähre Columbia in einen Zusammenhang mit PowerPoint stellte. Nicht nur die defekte Außenhülle und die ineffiziente Struktur der Weltraumbehörde NASA seien an dem Desaster Schuld, sondern auch das Microsoft-Programm, über das komplexe Informationen an Techniker weitergegeben worden seien.

Technologisches Kokain?
Schon im Vorfeld war eine heftige Diskussion entbrannt: Insbesondere die Journalistin Julia Keller und der Graphikdesignprofessor Edward Tufte griffen das Präsentationsprogramm an. „Ist PowerPoint das Böse?“, fragte Keller in der Chicago Tribune und kam zu dem Ergebnis, es sei „eines der am meisten um sich greifenden und allgegenwärtigsten Tools, die jemals ausgeheckt worden sind“ – vergleichbar einer Droge: „Stellen Sie es sich als technologisches Kokain vor – anfangs so leicht zu umfassen, so schwer es danach aufzugeben.” Für Tufte war das Programm sogar das Böse: “PowerPoint is evil.” Verschiedene Vorwürfe wurden erhoben: PowerPoint ersetze Präsentationen, presse Ideen in ein vorgegebenes Format und beeinflusse damit die Denkweise selbst, es beriesele das Publikum und lasse eine Beziehung zwischen Vortragenden und Zuhörern gar nicht erst entstehen. Im Fokus der Kritik stand vor allem der Wizard mit seiner laut Doc Searls „faschistischen Verbohrtheit darüber, was eine Präsentation sein sollte“. Der Kolumnist Searls kam zu dem Ergebnis: „Es ist nicht deine Präsentation. Es ist deine Version einer PowerPoint-Präsentation.” Nicht der Inhalt, sondern die Form des Gesagten ist entscheidend. Andere Kritiker begriffen PowerPoint weniger als Ursache als vielmehr Symptom einer Krise.

PowerPoint-Karaoke und Bullshit-Bingo
Auf der anderen Seite fanden sich Verteidiger wie Dan Brown, die den Zwang zur Prägnanz als Vorteil verstanden: „Schließlich zwingt PowerPoint einen dazu, ein besserer Autor zu sein.“ Für Claus Leggewie und Matthias Mertens richtete sich die Kritik nicht gegen PowerPoint, sondern gegen „die elektronische Datenverarbeitung, gegen Marketing, gegen gesellschaftliche Strukturen, die aber nicht als solche bezeichnet und kritisiert werden.“ Dass PowerPoint-Präsentationen „oft eine Plage sind“, bestritten Leggewie und Mertens nicht und forderten als Abhilfe eine fundierte Schulung in Rhetorik und visueller Kommunikation anstelle von Schnellkursen in PowerPoint. Dennoch ist das Misstrauen gegenüber dem Programm geblieben, das wie wenige andere „Tools“ den Totalitarismus einer ökonomistischen Weltsicht zu verkörpern scheint. Das Misstrauen macht sich unter anderem in Spielereien wie der Powerpoint-Karaoke und dem dazugehörigen „Bullshit Bingo“ Luft, bei der es darum geht, einen Vortrag über eine beliebig angelegte Bildfolge zu improvisieren und möglichst viele „buzzwords“ wie „win-win-Situationen“ und „faces-to-the-customer“ zu entdecken. Keine allzu schwere Aufgabe, denn die Präsentation überdeckt manche Schwächen des Vortrages, was den Tübinger Rhetorikwissenschaftler Joachim Knape zu der Bemerkung veranlasste: „Als Praxisberater muss man auch hier wieder sagen, dass es für einen rhetorisch unterbelichteten oder hilflosen Nutzer des technischen Angebots besser sein kann, sich hinter PowerPoint zu verstecken, als im lebendigen Vortrag als kläglicher Redner zu scheitern.” PowerPoint also als Krücke für unterdurchschnittliche Abteilungs- und Verkaufsleiter?

Veränderter Informationsfluss
Oder haben die Fundamentalkritiker doch Recht? Zwingt das Präsentationsprogramm den Vortragenden dazu, seine Gedanken zu verkürzen, zu verflachen, ja zu teilen, bis eine „überschaubare Zahl sofort löslicher Brühwürfel“ (Thomas Steinfeld) entsteht? Beeinflusst es unser Denken in negativer Hinsicht? Macht es blöd? Der Philosoph Claus Pias und der Informatiker Wolfgang Coy haben ein Buch über „Macht und Einfluss eines Präsentationsprogramms“ herausgegeben, in dem viele Meinungen zu Wort kommen. Das Fazit des im Vergleich zur Vehemenz vergangener Tage eher zurückhaltend verfassten Buchs dürfte lauten: PowerPoint macht vielleicht nicht blöd, aber es hat unser Denken und den Informationsfluss verändert.

Führung ohne Gemeinschaft ist Unsinn

Es gibt eine schöne Unterscheidung zwischen Chef-Gebahren und „Leadership“. Der Unterschied ist folgender: “A boss says ‘Go!’ – A leader says ‘Let’s go!“, sagt ein amerikanisches Sprichwort. Doch Leadership, Führung, so die These des Wirtschaftsprofessors Henry Mintzberg von der McGill University in Montreal, sollte niemals losgelöst von der Gemeinschaft betrachtet werden. Eine Regel, die auch und vor allem in Unternehmen gilt …


Die Wirtschaftskrise hat viele Ursachen. Eine der Ursachen besteht in einem falschen Verständnis von Leadership, von Führung. Ein Leader ist ein CEO, der in einem Büro sitzt, Ziele und Strategien verkündet und schließlich den „Human Ressources“ sagt, was zu tun ist. Ein Leader ist ein Heroe, der sich als Visionär oder Macher in Wirtschaftszeitungen feiern lässt, während die anderen Beschäftigten im Unternehmen, jederzeit austauschbare Figuren, nur Erfüllungsgehilfen sind. Unsinn, sagt Henry Mintzberg, einer der Gründungsväter von CouchingOurselves.com, einem Online-Portal, in dem Manager ihre Fähigkeiten im informellen Rahmen des Internets weiterentwickeln wollen. Mintzberg verweist auf die eigentlich simple, doch gerade vom Wirtschaftsjournalismus oft vergessene Tatsache, dass Unternehmen Gemeinschaften sind und dass in diesen Gemeinschaften dieselben Regeln wie in allen Gemeinschaften gelten. Im Harvard Business Manager fordert Mintzberg die Abkehr von der „egozentrischen, ‚heroischen’ Art von Führung, die in der Wirtschaft so weit verbreitet ist“. Ja, er formuliert es noch schärfer: „Ich bin sogar der Überzeugung, dass der Begriff Leadership niemals verwendet werden sollte, wenn er nicht zugleich in den Zusammenhang mit der Gemeinschaft gestellt wird.“

Mensch als soziales Wesen
Mintzberg sieht Individualismus als eine „schöne Idee“, die Anreize schaffe und zur Weiterentwicklung ermutige. Zugleich betont er, dass der Mensch ein soziales Wesen ist, das Gemeinschaft braucht, um sich entfalten zu können. Die Kräfte, die das Gemeinschaftsgefühl zu wecken vermögen, gilt es für das Unternehmen nutzbar zu machen. Eine verhältnismäßig einfache Aufgabe in jungen, noch nicht sehr stark strukturierten Unternehmen, die ihren Beschäftigten viel Raum zur persönlichen Entfaltung gewähren. Oder in gemeinnützigen Unternehmen, in denen die Mitarbeiter vielleicht mehr Sinn in ihrer Arbeit sehen und deswegen engagierter sind. Eine Herkulesaufgabe in großen, etablierten profitorientierten Firmen mit starren Strukturen und oftmals ebenso starren Führungsfiguren. Mintzberg verweist auf die Tatsache, dass in den Vereinigten Staaten gerade diese, teils oft legendären Unternehmen zusammengebrochen sind.

Führung durch Umherspazieren
Es gilt also Abschied zu nehmen von dem Manager, der im Elfenbeinturm Ziele verkündet, die andere in seinem Namen erreichen sollen. Von dem Makromanager, der viel plant, aber wenig weiß – vor allem nicht, wie es in seinem Unternehmen zugeht. „Management by walking around“ nannten Dave Packard und Bill Hewlett in der Frühzeit des Unternehmens HP den aktiven, von vielen Firmengründern und kleineren und mittelständischen Unternehmern geprägten Führungsstil, der inzwischen in Vergessenheit geraten war. Die Einhaltung verschiedener Regeln sollte garantieren, dass keine von der Gemeinschaft abgehobene Führung entstand – beispielsweise die Regel, selbst durch das Unternehmen zu gehen und einen Eindruck vom Unternehmensalltag zu gewinnen, diese Arbeit also nicht zu delegieren. Oder die Regel, Fragen zu stellen und zu beobachten. Oder die Regel, gute Nachrichten zu bringen und die Beschäftigten zu loben. Oder die Regel, sich an den Tätigkeiten selbst kurz zu versuchen.

Mehr Bescheidenheit
Stattdessen ist Bescheidenheit angesagt und Konzentration auf die Kernaufgaben eines Managers. „Management ist die Kunst, Talente richtig einzusetzen“, formulierte es der frühere amerikanische Verteidigungsminister Robert McNamara. Damit sei es die „schöpferischste aller Künste“. Dasselbe lässt sich auch von der Führung sagen.

BÜCHER UND ARTIKEL

Das Leck im Wirtschaftskreislauf

Wirtschaftstheorien entstehen nicht im luftleeren Raum, sondern hängen von gesellschaftlichen Gegebenheiten ab, so lautet die zentrale These von Bernd Senf, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Fachhochschule für Wirtschaft Berlin. In seinem „Aufklarungsbuch“ liefert der Volkswirt eine gut lesbare Beschreibung der wichtigsten volkswirtschaftlichen Theorien von den Physiokraten bis zu den Monetaristen ...

Blinde Flecken
Dabei begnügt sich Senf nicht mit der Wiedergabe der wichtigsten Thesen der jeweiligen Ansätze – so etwa einer verständlichen Darstellung der im Original eher schwer verständlichen marxschen Lehre vom Mehrwert oder der keynesianischen Investitionstheorie. Er beschäftigt sich auch mit den Schwachstellen in den jeweiligen Theoriegebäuden, den „blinden Flecken“ wie er sie nennt. Indem Senf die Theorien historisch einbettet und ihre Argumentationsdefizite, aber auch ihre Stärken und Verdienste beschreibt, leistet er einen Beitrag, die jeweiligen Theoriegebäude zu relativieren. Dabei richtet sich seine Kritik vor allem gegen die herrschende „monetaristische“ Auffassung, die er als Wegbereiter von „Neoliberalismus und Globalisierung“ versteht. Die Ursache für die „monetaristische Gegenrevolution“ sieht er in den Schwächen des zuvor vorherrschenden keynesianischen Denkansatzes und dessen praktischer Handhabung, die zu mehr Inflation, Staatsverschuldung und immer höheren Dosierungen der Geldschöpfung geführt habe.

Die vergessene Freihandelslehre
Neben Adam Smith, Karl Marx, den Neoklassikern, John Maynard Keynes und Milton Friedman beleuchtet Senf auch die weithin in Vergessenheit geratene Freihandelslehre Silvio Gesells. Gesell, ein deutsch-argentinischer Kaufmann, der sowohl Marx als auch die Neoklassiker kritisiert hatte, hatte zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine Lehre entwickelt, die im Zinssystem die Ursache für die Wirtschaftskrisen, von Kreislaufstörungen bis hin zum Kreislaufkollaps, zu erkennen glaubte. Der „immer wieder Schwankungen und Veränderungen unterliegende“ Zins, der eine gesamtwirtschaftliche Steuerung der Geldmenge verhindere, so Senf in einem seiner plastischen Vergleiche, ähnele einem Leck in einer Heizung, das eine Steuerung der Raumtemperatur verhindere. In seinem abschließenden Kapitel geht Senf auf einige globalisierungskritische Bücher ein, darunter auf die „Globalisierungsfalle“ von Hans Peter-Martin und Harald Schumann, den „Terror der Ökonomie“ von Viviane Forrester und die „Krise des globalen Kapitalismus“ von George Soros. Das Verdienst Senfs liegt weniger in konkreten Lösungsansätzen als vielmehr darin, herrschende Denkansätze in Frage zu stellen und ihre Schwachpunkte zu benennen. Dass seine Sympathie der Freihandelslehre gehört, für deren Weiterentwicklung er plädiert, ist dabei unverkennbar. Insgesamt ein gut lesbares, nicht „trockenes“ und auch für Laien verständlich geschriebenes Buch, das klare Positionen zu Stärken und vor allem Schwächen der ökonomischen Theorien bezieht.

Bernd Senf:
Die blinden Flecken der Ökonomie: Wirtschaftstheorien in der Krise
Verlag für Soziale Ökonomie, 303 Seiten, 24,00 €

Arschlöcher – und es gibt sie doch!

Endlich schreibt es mal jemand auf den Punkt, die unleugbare Existenz von Menschen, die salopp und landläufig als unangenehme Zeitgenossen wahrgenommen werden und sich damit das Prädikat Arschloch verdienen. Nach eigener Aussage im Vorwort dieser Taschenbuchausgabe …

erzählt Robert Sutton von seinen Schwierigkeiten, den Begriff überhaupt verwenden zu dürfen. Auch seine Reputation als Wissenschaftler und Professor für Management Science and Engineering an der Universität Stanford half ihm bei den Diskussionen mit dem Verlag nicht weiter. Erst die unmissverständliche Drohung, das Buch überhaupt nicht veröffentlichen zu wollen, ließ die Verlagsführung einknicken, eine Tatsache, die in den puritanischen USA allein schon bemerkenswert ist.

Wer nun allerdings erwartet, eine Polemik zu studieren, der sei gewarnt. Sutton gelingt es in einer Mischung aus wissenschaftlicher Feldforschung und persönlichen Beispielen eine Typologie des real existierenden Arschlochs zu entwickeln. Interessanterweise funktioniert dies länderübergreifend. Offensichtlich kommt das US-amerikanische Arschloch mit seinen Verhaltensweisen und Ansichten durchaus auch als europäisches Asshole vor. Eine weitere erwähnenswerte Erkenntnis ist Tatsache, dass nicht nur das Betriebsklima unter den Verhaltensweisen der Mißmacher leidet, sondern auch die Betriebsausgaben durch gesteigerte Ineffizienz der Leidtragenden steigen.

Sutton würzt mit viel Humor und Situationskomik seine Beobachtungen und Thesen. Er ist sich wohl bewusst, dass die drastische Begriffswahl der Wissenschaft eigentlich abträglich ist und dennoch schafft er diese Kurve – augenzinkernd. Seine Erkenntnisse zum Thema „Kotzbrocken“ gipfeln in der Empfehlung, mit aller Macht Firma und Familie von Verhaltensweisen asozialer Despektierlichkeit zu säubern und dabei keinesfalls zu Mitteln zu greifen, die dem Verhalten des Arschlochs entsprechen. Es besteht nämlich hierbei hohe Ansteckungsgefahr, vom temporären zum amtlichen Arschloch zu mutieren. Kurz, der Leser wird nicht unbedingt mit einer neuen Spezies bekannt gemacht, vielmehr sieht er die vorhandenen Beispiele in seinem direkten Lebensumfeld mit neuer Klarheit.

Robert I. Sutton:
Der Arschlochfaktor
Vom geschickten Umgang mit Aufschneidern, Intriganten und Despoten im Unternehmen.
Wilhelm Heyne Verlag München Verlag 2008, 192 Seiten, 7,95 €

ENTWICKLUNG UND BEISPIELE

Erfahrungsbeitrag der 3LINES AG

Innerhalb einer Monatsfrist gelingt es, ein Trainingsprogramm auf die Beine zu stellen, das die Inhalte von vier verschiedenen Trainingsunternehmen bündelt, die Vorgaben des auftraggebenden Unternehmens berücksichtigt und die Trainingsteilnehmer hochmotiviert …

... dank direkter Selbstkontrolle in den Berufsalltag eines großen mittelständischen Maschinenbauspezialisten zurückführt. Für Thomas Hudler von der 3Lines AG gehörte dies zu den anspruchvollsten Projekten, die bei extrem geringer Vorlaufzeit aus der Taufe gehoben wurden. Ziel war es, Persönlichkeitsentwicklung voran zu treiben und Unternehmensstrategien und allgemein wichtige Kompetenzen an Mitarbeiter ohne Führungsverantwortung nachhaltig zu vermitteln.

Heraus kam ein Training, das es in sich hatte. Sechs Lernfelder waren innerhalb einer Woche abzudecken. Das Training lief an fünf Tagen von halb neun morgens bis neun Uhr abends und erstreckte sich über praktische und theoretische Übungen. Am Abend erfolgte dann eine individuelle, internetbasierende Lernzielkontrolle durch die Teilnehmer selbst. Die Befragung ist so aufgebaut, dass sofort erkannt wird, ob die Prüfungen bestanden wurden oder nicht. Falls nicht, hat der Teilnehmer die Möglichkeit, diese Befragung am nächsten Tag zu wiederholen. Begleitende Arbeitshefte vermitteln Inhalte, die ohne Präsenztraining erlernt und ebenfalls durch individuelle Kontrolle via Internet anhaltend vertieft werden. Die Trainingswoche endet für die erfolgreichen Teilnehmer (98 % schafften den Abschluss im ersten Versuch, 100% im zweiten) mit einem persönlichen Zertifikat.

Die Herausforderung für 3 LINES bestand in folgender Aufgabenstellung:
•Entwicklung detaillierter Szenarien für alle beteiligten Trainer, die die vorgesehenen Inhalte didaktisch aufbereiten und verknüpfen
•Festlegung eines verbindlichen Zeitplans für die interne Organisation, um zu regeln, was die intern Verantwortlichen zu welchem Zeitpunkt leisten sollen, um einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten
•Insgesamt nur ein Monat Vorlaufzeit inklusive Fertigstellung aller Unterlagen und Modellszenarien
•Vereinheitlichung verschiedener bereits vorhandener didaktischer Hilfsmittel (Aktionskarten)
•Erarbeitung der Fragen zur spezifischen Lernzielkontrolle für alle Themenbereiche
•Schaffung der technischen Voraussetzungen vor Ort (beispielsweise Computerraum in den Trainingshotels)

Die positive Resonanz aller Beteiligten führte dazu, dass in 2010 jeweils ein Trainingsblock pro Monat stattfindet.

Der Chef: Stratege und Motivator oder Kennzahlenfreak?

Darüber, was ein Chef zu sein hat, besteht weitgehend Einigkeit. Vor allem Stratege und Motivator, sagen europäische und amerikanische Manager fast einvernehmlich. Wer aber einen Blick hinter die Kulissen riskiert, wird schnell ernüchtert. Organisationsstrukturen zu verändern, riskieren nur wenige. Und mit der Motivation der Mitarbeiter sieht es auch nicht gerade prächtig aus …

Die Unternehmensberatung Roland Berger hatte keine Mühen gescheut und für die Studie „The European Management Approach“ rund 300 Konzernmanager befragt. In der von der Financial Times Deutschland (FTD) zitierten Untersuchung waren sich Europäer und Amerikaner weitgehend einig: Führungskräfte müssten vor allem Strategen und Motivatoren sein. Für die Europäer kommt danach die Fähigkeit, Strategien effektiv umzusetzen, für die Amerikaner steht das Können, Unternehmensprozesse zu gestalten, an zweiter Stelle. Weitaus weniger beliebt bei den Führungskräften ist hingegen die Verände-rung von Organisationsstrukturen, die wohl als allzu aufreibende Aufgabe angesehen wird.

Europa besser als die USA
In puncto Strategie scheinen die europäischen Manager die Nase vorn zu haben – jedenfalls, wenn man den Umfragen Roland Bergers Glauben schenkt. So sind europäische Konzerne stärker international auf-gestellt als ihre amerikanischen Gegenstücke, sie arbeiten nachhaltiger, was sich daran zeigt, dass der Anteil der Unternehmen, die in den Top 3000 geblieben sind, bei den Europäern höher ist als bei den Amerikanern. Und sie halten eher am Führungsstil fest: 39 Prozent der Europäer tun dies, hingegen nur 26 Prozent der Amerikaner.

Frustfaktor Job
Wie gut erfüllen die Manager ihre Aufgabe aus, ihre Mitarbeiter zu motivieren? Immerhin neben der Stra-tegie die nach den Angaben der Befragten wichtigste Aufgabe einer Führungskraft. Nicht gut, wenn man sich die Ergebnisse einer Gallup-Umfrage vom Januar 2009 ansieht, bei der 1.900 Mitarbeiter in Deutsch-land befragt wurden. Die emotionale Verbundenheit mit dem Unternehmen lässt danach zu wünschen übrig, was Gallup im Wesentlichen auf das Verhalten der Führungskräfte zurückführt: 20 Prozent der Be-schäftigten haben demzufolge innerlich gekündigt und sabotieren zum Teil aktiv das Unternehmen, in dem sie arbeiten. 67 Prozent machen Dienst nach Vorschrift, das Notwendige eben, aber auch nicht mehr. Ganze 13 Prozent der Befragten engagieren sich für das Unternehmen. „Frustfaktor Job“ titelte Spiegel Online. Mit 13 Prozent liegt Deutschland international im unteren Mittelfeld, hinter Großbritannien mit 20 und den USA mit 29 Prozent, aber vor Frankreich mit 12 und Japan mit 7 Prozent.

Arbeitsmarkt wichtiger als „Kuschelecken“?
Einige Fachleute relativieren die Ergebnisse – und damit auch die Rolle der Führungskräfte als Motivato-ren. Wichtiger als eine „Kuschelecke“ sei die Situation auf dem Arbeitsmarkt. Wer sich Fehler während der Arbeit nicht leisten könne, weil ansonsten Arbeitslosigkeit drohe, arbeite effizienter. Demgegenüber weisen andere Experten auf den Umstand hin, wie leicht es für Führungskräfte sei, ihre Mitarbeiter zu demotivieren. Fehlendes Lob und häufige Kritik tragen demzufolge entscheidend dazu bei, dass Mitarbei-ter sich nicht mehr mit dem Unternehmen, in dem sie arbeiten, identifizieren und nur einen Teil ihrer Fä-higkeiten und Kapazitäten abrufen. Nicht selten kennt in Deutschland, weitaus stärker als in den USA oder in Skandinavien, Kritik nur eine Richtung – von oben nach unten. Was vielleicht daran liegt, dass kritische Äußerungen mit höherem Wissen gleichgesetzt werden. Schließlich kommt ein weiterer Umstand hinzu: Kennzahlen sind für viele Führungskräfte allzumal in der Krise wichtiger als Mitarbeitermotivation. Allen anders lautenden Erklärungen zum Trotz. Der Chef doch als Kennzahlenfreak statt als Stratege und Motivator? Für den langfristigen Erfolg deutscher Unternehmen wäre das keine günstige Entwicklung. Übrigens, der große alte Mann der deutschen Wirtschaft, Berthold Beitz, bekannte sich jüngst in einem Interview dazu, dass er die meisten wichtigen Entscheidungen aus dem Bauch heraus getroffen hat.

Der Newsletter wurde erstellt mit der redaktionellen Unterstützung von www.beziehungswerk.de.

nach oben