NETZ UND TRENDS
Problematische Perspektive

Die Schriftstellerin Chimamanda Adichi ist ein Filmstar auf Youtube. Sie steuert auf zehn Millionen Clicks zu und das mit einem interessanten Vortrag, in dem sie darauf hinweist, ...
... dass wir, wenn wir nur eine einzige Geschichte über eine andere Person oder Land hören, ein bedenkliches Missverständnis riskieren. Sie nennt dieses perspektivische Phänomen „Die Gefahr einer einzelnen Geschichte“. Aufgewachsen in Nigeria las sie in früher Jugend nur englische Bücher, deren Geschichten das englische Leben zum Inhalt hatten. Demzufolge begann sie bei ihren eigenen schriftstellerischen Anfängen, nur Geschichten über weiße Menschen mit blauen Augen zu erzählen, die Ingwerlimonade tranken und vorzugsweise über das Wetter redeten. Sie dachte, dass es nur diese Welt in der Literatur gibt. Erst später, mit der Rezeption afrikanischer Literatur, erkannte sie die Möglichkeit, auch ihre eigene Perspektive zu entdecken und darüber zu berichten.
Adichi erzählt pointiert und punktgenau. Wunderbar klar arbeitet sie heraus, warum die gleiche Geschichte von verschieden Zuhörern oder Zuschauern völlig anders verstanden und interpretiert werden kann und vor allem, warum sie dieser verschiedenen Wahrnehmung unterworfen ist. Die eigenen Erfahrungen und Überlieferungen von Familie und Freunden bestimmen die Beurteilung einer Situation oder Geschichte. Auch für Manager in verschiedenen Hierarchieebenen bietet der Vortrag überraschende Erkenntnisse und hilfreiche Empathieansätze. Besonders, wenn sie in Unternehmen arbeiten, die global agieren. Es lohnt sich, dem unten angegebenem Link zu folgen und sich diesen Vortrag in gesamter Länge anzuschauen.
Chimamanda Adichie: Die Gefahr einer einzigen Geschichte
TEDGlobal 2009 · 18:49 · Filmed Jul 2009
Subtitles available in 43 languages
http://www.ted.com/talks/chimamanda_adichie_the_danger_of_a_single_story/transcript?language=de
Neuigkeiten in Kryptic

Facebook will zukünftig die Verschlüsselungstechnik PGP einsetzen. Google hat gerade eine Transparenz Kampagne gestartet und immer mehr Nutzer machen sich Gedanken darüber, wie sie ihre digitale Kommunikation sicherer machen. Newcomer wie die cryptoTec Ag liefern mittlerweile bedienerfreundliche Verschlüsselungstools, ...
... die nicht von IT-Spezialisten aufgesetzt werden müssen und für Enduser und Studenten sogar lizenzfrei sind. Die Abkürzung „PGP" ist für viele User quasi das Gegenteil von „NSA" - PGP bedeutet „gut", NSA steht für „böse". Und weil die Datensammler Facebook, Google und Apple in letzter Zeit häufiger in einem Atemzug mit der NSA genannt werden, setzen die PR-Leute dieser Konzerne PGP als Instrument der Guten ein. PGP steht für "Pretty Good Privacy". Es handelt sich dabei um ein Programm des US-Amerikaners Phil Zimmermann. Die erste Version kam bereits am 5. Juni 1991 in den Verkehr. PGP ermöglicht es, Nachrichten so zu verschlüsseln, dass nur der echte Empfänger sie lesen kann. Hier wie bei cryptoTec kommen Verschlüsselungsalgorithmen zum Einsatz, die selbst den amerikanischen Geheimdienst herausfordern.
Der Einsatz von OpenPGP bei Facebook bedeutet nicht unbedingt, dass die Nutzung des Social Networks dadurch sicher wird. Nur die Benachrichtigungen und Statusmeldungen werden verschlüsselt verschickt. Ganz genau verfolgen, was Facebook-Mitglieder und -Freunde innerhalb und außerhalb des „sozialen Netzwerkes" tun, wird das Unternehmen auch weiterhin inklusive data mining. Aber das weiß man. Zeit, sich um die eigenen Werkzeuge zu kümmern. Die Neugier von Staat, Unternehmern und traditionell auch Nachbarn gehört ausgesperrt.
ERFAHRUNGEN UND ERFOLGE
Prototyp Vertriebler

„Jäger oder Farmer?“ ist die klassische Unterscheidung der verschiedenen Prototypen von Vertrieblern. Natürlich gibt es mehr als zwei Typen und natürlich greift das Jagen und das Hegen zu kurz. Idealerweise ...
... ist es die Kombination der Aufgaben des Jägers mit denen des Farmers: Gesucht wird ein Vertriebler, der sich nicht nur um die Bestandskunden kümmert, sondern auch neue gewinnt. Nach Ansicht vieler beschreibt dies die Quadratur des Kreises. Hauptargument ist, dass Jäger und Farmer unterschiedliche Einstellungen zum Beruf haben. Aber ist das wirklich so? Bei beiden liegt ja wohl ursächlich die Versorgung von Volk und Familie zugrunde, was dann schon eine Gemeinsamkeit in der Grundeinstellung kennzeichnet.
Möglicherweise liegt es an verschiedenen Anreizen für die Fokussierung. Der "Outstanding Performer" ist der umworbene Topverkäufer, der durch Neukunden das Geschäft befeuert. Hier finden sich die Vertriebler mit den besten Konditionen und wahrscheinlich auch besten Salären. Ein Topos lebt hier weiter: Der mutige Jäger trotzt den Gefahren der freien Wildbahn und bringt Beute nach Hause. Dagegen steht das Bild des Bürohengstes, wobei ja schon der Begriff die Karikatur in sich trägt. Von acht bis fünf und Aktentasche mit Thermoskanne, der kann unmöglich an die Reputation des Spitzenverkäufers reichen. Wahrscheinlich gehört in diese festgefahrene Vorstellungswelt ein Wertewandel, der sowohl eine differenzierte Entlohnung wie auch eine veränderte Form der Respektzuweisung einleitet. Dies hielte den „Outstanding Performer“ vielleicht auch mal im Büro und ließe den Innendienstler mal draußen an der „Front“ schnuppern. Jeder, der schon mal vertrieblich unterwegs war, weiß, dass nicht jeder Tag die Abschlüsse bringt. Tagesform und Befindlichkeit spielen eine große Rolle. Wenn denn schon der Jäger und Farmer nicht in Personalunion zu backen ist, vielleicht würden entsprechende Zweierteams die Rundung in das Kreisquadrat bringen.
Greise Gründer

So ganz ernst gemeint ist der Titel nicht. Dreissig Prozent der Gründer sind heute älter als 45 Jahre und dieser Anteil wird demografisch bedingt noch weiter steigen. Besonders aktiv ist die Babyboomer Generation, ...
deren Vertreter eben auch schon Anfang 50 sind. Dennoch haben die o.g. Zahlen keinen Neuigkeitswert für Deutschland. Anfang der neunziger Jahre gab es eine ganze Reihe von Existenzgründern in den neuen Bundesländern, die gut bei Jahren waren. Man denke nur an den Unternehmer in Magdeburg, der mit 67 Jahren ein Kombinat übernahm und bis zum Bundesgerichtshof stritt, um entsprechende Fördergelder und Kredite zu bekommen – erfolgreich – und als das Urteil kam, war er schon an die siebzig. Offenbar ist dieses Urteil in Vergessenheit geraten, denn ältere Gründer stoßen auch in diesen Tagen bei den Kreditinstituten auf viel Skepsis. Wahrscheinlich zu Unrecht begegnen sie misstrauischen Bänkern. Die älteren Jungunternehmer haben eine größere Berufs- und Lebenserfahrung und bringen in aller Regel viele geschäftliche Kontakte mit. Studien belegen, dass Unternehmen, die sich länger als fünf Jahre am Markt halten, von Gründern in der zweiten Lebenshälfte aufgebaut wurden. Bei Betrachtung dieser Entwicklung stellt sich allerdings auch die Frage, ob Personalchefs und Geschäftsführer mit ihrer Jagd auf die jungen Talente das Erfolgspotential älterer Mitarbeiter genügend berücksichtigen und heben. Denn bei aller Dynamik - der Angestellte um die fünfzig kündigt in der Regel nicht, um sich ab dann selbst zu verwirklichen.
ENTWICKLUNG UND BEISPIELE
Du kannst mich mal - anstupsen

Nudging heisst die neue Methode zur sanften Erziehung. Selbst die Bundesregierung ist auf diesen Zug sanfter Indoktrination gesprungen. Unter Mithilfe von drei Experten aus Verhaltensforschung und Psychologie sollen bundesdeutsche Bürger dazu angestupst werden, vernünftig zu handeln. Diese Methode ...
... ist umstritten. Das ist jedoch nicht weiter verwunderlich. Zu den Eitelkeiten des Wissenschaftsbetriebes gehört es nun einmal, sofort auch die Gegenthese aufzustellen. Laut Definition ist ein Nudge nur ein Anstoß und keine Anordnung, die Wahlfreiheit bleibt erhalten. Das Prinzip lässt sich wunderbar an folgendem Beispiel aufzeigen. Hängt man Spiegel in Kantinen auf, greifen die Gäste seltener zu Dickmachern, denn sie sehen, ob real oder eingebildet, ihre überzähligen Pfunde. Der Spiegel gibt den Nudge. Anstupser geben auch Fußballtore in Urinalen. Es geht deutlich weniger daneben. Die Befürworter des Nudging sehen darin kein manipulatives Instrument. Allerdings verbinden sie den Nutzen damit, dass die Einsatzziele des Anstupsens demokratisch legitimiert sein und die Wohlfahrt steigern müssen. Entgegengesetzt argumentieren die Kritiker. Der Bürger würde wie ein Schaf behandelt, gleichzeitig bevormundet und entmündigt. Sie meinen, der Mensch braucht keine stupsende Fernsteuerung. Mit vernünftiger Bildung erzielt man bessere Resultate. Kindern könnte schon in den ersten Jahren gesunde Ernährung vermittelt werden, ganz zu schweigen vom vernünftigen Umgang mit Geld, Alkohol, Gesundheit und Suchtmitteln. Vielleicht ist es aber auch so, dass ein sanfter Nudge beim Bildungsbürger nachhaltiger wirkt als in bildungsfernen Haushalten. Vielleicht.
Populär gemacht haben die Methode der Ökonom Richard Thaler und der Jurist Cass Sunstein. Zu ihrem 2008 erschienenen Buch „Nudge“ liefert dieser Newsletter in der Rubrik „Bücher und Artikel“ eine Rezension. Dieser Anstupser ist nur für den Fall, dass der Wissensdurst zum Thema „Nudging“ noch nicht gestillt sein sollte.
„Knicks“ und Visitenkarten

Ursprünglich gehörten sie zusammen, der Knick und die Visitenkarte. Der Besucher überreichte dem Hausmädchen oder Diener seine Karte und knickte sie. Die Art des Knicks übermittelte den Grund für den Besuch, Beileidsbekundung oder Geschäftsanbahnung, und praktischerweise ...
... konnte der oder die Besuchte dieses geknickte Papier leichter vom Silbertablett heben. Wahrscheinlich rührt daher auch noch der Begriff „geknickt sein“. Nun, das Silbertablett gehört nicht mehr unbedingt zum Zeremoniell des Austausches. Je nach Kulturkreis gehört aber die Verbeugung dazu. In Japan ist es auch Usus, die Business Card mit beiden Händen zu überreichen. Sie hat sich eben noch nicht elektronisch verdrängen lassen. Schon mancher musste schon in Äh-Sorry-Mimik für seinen vergessenen Gesellschaftsausweis um Verzeihung bitten. Und spätestens dann weiß man, warum es sie noch gibt. Die Ersatzhandlung beim Diktieren der Telefonnummer oder Email-Adresse wirkt ungleich tumber als das Entgegennehmen der Karte. Ob nun in China oder Ägypten, verbrieft ist, dass spätestens im 17. Jahrhundert die „Besuchskarten“ Verbreitung an den europäischen Höfen fanden. Damals war sie eher Ausdruck der Erscheinung und Bedeutung der Person. Heute dient sie als Vehikel für Kontaktaufnahme und Erreichbarkeit. Drucker und Designer sind mittlerweile vor schwierige Aufgaben gestellt: Wie bringt man die zusätzlichen Web- und Email-Adressen sowie einige Social-Network Verweise kalligrafisch gekonnt und informativ knapp auf das kleine Stückchen Karton? Welche Lösung auch immer dem Fachmann für Besuchskarten einfällt, Elektronik braucht es nicht beim Austausch.
BÜCHER UND ARTIKEL
Mr. Money und die Macht

Russische Oligarchen kennt man als Besitzer von Fussballclubs, Gefängnisinsassen und Erfüllungsgehilfen mächtiger Politiker, wobei das aber auch genau umgekehrt gelten kann. In seinem Thriller „Der Lobbyist“ entwickelt Jan Faber ...
... eine spannende Geschichte um den fiktiven russischen Ölmagnaten und Milliardär Aleksander Lewtuschenko. Er steigt klassisch wie skrupellos in die Spitze des riesigen Energie-Konzerns GasNeft auf und hat irgendwo unterwegs eine „Leiche im Keller“ hinterlassen. Dieses Vermächtnis in den Händen Tatjanas, der schönen Tochter seines einstigen Weggefährten Arkadi Lossow, kann ihn tief fallen lassen. So entspinnt sich eine rasante Verfolgungsjagd bis hin in das Berliner Wirtschaftsministerium. So weit unterscheidet sich der Plot dieser Geschichte nicht von dem anderer Krimis. Den Unterschied macht Jan Faber. Der Autorenname ist das Pseudonym eines offensichtlichen Kenners der Korridore der Macht in der Berliner Politik. Im Klappentext heißt es über Faber, er war in den zurückliegenden zwei Jahrzehnten beratend und strategisch für mehrere hochrangige Regierungsmitglieder tätig. Zur Identität weiß der Justitiar bei Page & Turner, Reiner Dresen, lediglich, dass im Verlag wirklich niemand den Namen des Autors kennt. Die Anonymität war Geschäftsgrundlage für das Projekt. Autorenkontakte erfolgten ausschließlich über eine beteiligte Literaturagentur. Für Krimifreunde hat sich das Projekt gelohnt. Personen und Institutionen sind kundig beschrieben und dass der Leser so manchen Akteur dem wirklichen Leben zuordnen kann, erhöht den Reiz des Romans.
Jan Faber, Der Lobbyist, Page & Turner, 407 Seiten, 19,99 €
Fehlbar, faul und dumm

So sind sie, die Menschen. Zumindest bildet diese These eine der Grundannahmen von Richard H. Thaler und Cass R. Sunstein für ihr Buch „Nudge, wie man kluge Entscheidungen anstößt“. Sie entfalten einen bunten Reigen von Erkenntnissen der Verhaltensforschung. Der stets vernunftgetriebene ...
... Homo oeconomicus ist nach ihrer Einschätzung eher ein Solitär denn ein Massenphänomen. Die Beispiele, die sie liefern, knüpfen an die Erkenntnisse des Nobelpreisträgers Daniel Kahneman (Schnelles Denken, langsames Denken, siehe auch die Rezension des Newsletters IV/2012), auf den sie an zwei Stellen ihrer Ausführungen verweisen. Das Gehirn arbeitet im Standby Modus mit Faustregeln und erst wenn diese keine Ergebnisse liefern, schaltet sich das aktive, aber auch Energie kostende, Nachdenken auf. Dies führt nach Meinung des Ökonomen Thaler und des Juristen Sunstein dazu, dass Menschen nicht richtig mit Risiken umgehen können. Es mangelt an Vernunft. Deshalb halten sie, provokant formuliert, die Menschen für fehlbar – faul, dumm, gierig und schwach. An die Schwächen docken sie an, in dem sie die Methodik der Anstupser nutzen, um kluge Entscheidungen bei den gestupsten Leuten zu forcieren.
Entscheidungsarchitekten entwickeln Handlungsanstöße, mit denen sie das Verhalten von Menschen in vorhersagbarer Weise verändern können. Sie liefern mit dem sogenannten „liberalen Paternalismus“ einen neuen Ansatz in der noch jungen, aber derzeit angesagten Verhaltensökonomie. In der Politik ist dieses Konzept angekommen. US-Präsident Barack Obama, der britische Tory-Chef David Cameron und auch Bundeskanzlerin Angela Merkel haben wie die dänische Regierung Institute eingerichtet, die das Nudging als sanftes Lenkungsinstrument anwenden. Weltweit, so der britische Forscher Mark Whitehead, setzen bereits 136 von 196 Nationen die Stups-Methode ein. Das Buch Nudge gibt eine Vielzahl interessanter Beispiele und es sollte nicht verblüffen, wenn man als Leser dem einen oder anderen Anstoß nicht folgte.
Richard H. Thaler, Cass R. Sunstein, „Nudge“, Wie man kluge Entscheidungen anstößt, Ullstein, 389 Seiten, 9,95 €
DATEN UND AKTUELLES
Öffentliche Trainings
Unser nächstes öffentliches Managementtraining
"WANDEL-MACHT-MUT"
findet an den folgenden Terminen statt:
Unser nächstes öffentliches Vertriebstraining
"AKQUIRIEREN-VERHANDELN-ABSCHLIEßEN"
findet an den folgenden Terminen statt:
KARRIKATUR
Zum Schmunzeln

Der Newsletter wurde erstellt mit der redaktionellen Unterstützung von www.beziehungswerk.de.