NETZ UND TRENDS

A jour und doch von gestern

e-mail

Mit der Zeit arbeiten Handhelds und andere Hardware mit angezogener Handbremse. Ein Eindruck, der nicht nur fühl-, sondern auch messbar ist. Dieser Effekt hat schon zu einiger Irritation geführt, bis hin zu der Vermutung, dass das Geräteende vom Hersteller beabsichtigt und …

… programmiert wurde. Untersuchungen von Instituten wie beispielsweise Stiftung Warentest konnten eine derartige technische Sollbruchstelle nicht bestätigen. Quelle der Entdeckung der Langsamkeit sind die Updates der Hersteller. Die Aktualisierungen der Betriebssysteme bringen neue Funktionen, überarbeitete Layouts, zusätzliche Apps und das Schließen von Sicherheitslücken. Dabei orientieren sich diese Neuerungen am aktuellen Stand der Hardware, sprich schnelleren Prozessoren und größeren Speichern. Neue Software setzt leistungsstärkere Geräte voraus und lassen eben frühere Modelle alt aussehen. Der Anwender gerät paradoxerweise in eine Zwickmühle. Hält er sich via Update à jour, braucht er schneller als beabsichtigt ein neues Gerät. Widersteht er den regelmäßig angebotenen Aktualisierungen, bleibt er schnell, wird aber womöglich auch anfälliger für Sicherheitslücken.

Polyglotte Sprachartisten

Speicherstick

Sprachen lernen leicht gemacht. So oder ähnlich lauten die Versprechungen, die aus jedem das polyglotte Sprechwunder hervorzaubern wollen. Klappt das überhaupt? Die klare Antwort lautet Jein. Wer wie wo am besten lernt, insbesondere Sprachen, lässt sich wohl nur individuell beantworten. Die vielfach angebotenen Apps …

… bieten komfortables Lernen an. Ob sie sich auch eignen, eine Fremdsprache in Wort und Schrift fließend zu erlernen, ist sicherlich von der persönlichen Auffassungsgabe und dem Lernfleiß abhängig. Im Laufe der Zeit haben sich die Lehr- und Lernmethoden verändert. Neue Erkenntnisse sind hinzu-, alte Methoden aus der Mode gekommen. Einer der Marktführer bei den Sprachen Apps ist Babbel. Hier werden lernpädagogische Elemente verknüpft. Bilder, Wiederholungen und Verknüpfungen bringen die Sprache bei, so dass man durchaus das Gefühl entwickeln kann, in einer kurzweiligen Rätselsendung gelandet zu sein. Zur Frage der Nachhaltigkeit wird es verschiedene Erfahrungen geben, positiv wie negativ. Zur Nachbereitung eignet sich eine App hervorragend. Orts- und zeitungebunden lassen sich verschiedene Lektionen vertiefen oder üben. Eine Spracherfahrung der besonderen Art bleibt ein Intensivkursus im Land der zu erlernenden Sprache, am besten mit persönlichem Sprachlehrer. Idealerweise ist der Sprachlehrer ausgebildet und arbeitet mit erprobten Lehrmitteln und Büchern. Wer es sich leistet, zwei bis drei Wochen vier Stunden am Tag (ohne Wochenenden) zu büffeln, bei dem wird sich mit großer Wahrscheinlichkeit ein beachtlicher Lernerfolg einstellen. Danach gilt, Sprache will gesprochen werden, sei es per App oder besser noch per Ansprechpartner.

ERFAHRUNGEN UND ERFOLGE

Wohlfühloase oder Qualitätswüste?

Entscheidungsgewalt

Der Umgangston im Büro hat sich verändert. Die Kleiderordnung hat sich verändert. Die Arbeitszeiten haben sich auch verändert. Sind dabei Leistung und Qualität unverändert geblieben? Wahrscheinlich nicht. Welche Auswirkungen hat die Bussibussi-Kultur, sofern sie sich in den Arbeitsalltag ...

... hineingeschmust hat? Verfolgt man hierzu Untersuchungen, stellt man fest: keine gute. Die Verschmelzung von Berufs- und Privatleben stellt vor Probleme. Der Kollege, der Freund ist und der Freund, der Kollege ist, mutieren zu Zwitterwesen, mit denen sowohl der private wie eben auch der berufliche Umgang an Kontur verliert. Qualität entsteht, wenn um die richtige Lösung gerungen wird – in der Sache, nicht unter Einbezug des Ansehens der Person. Der Freund genießt eine andere Narrenfreiheit als der Kollege. Die Bedingungslosigkeit der Freundschaftsbeziehung wird zur Beliebigkeit im Kollegialen, frei nach dem Motto: kommst Du heute nicht, kommst Du morgen. Findet dann zudem ein intensiver Austausch über private Schwierigkeiten statt, liegt es nahe, diese als Rechtfertigung für unzureichende Leistungen heranzuziehen. Auch hier wirkt der Einfluss des Privaten nachteilig auf die Präsenz und die Leistungsbereitschaft im Job.

Die Wohlfühloase im Job wurde ja schon einige Male beschrieben, nur war hier nicht so ganz klar, ob es sich hierbei nicht um eine besonders perfide Anleitung zur Selbstausbeutung handelt. Es bleibt dabei, dass das allererste Interesse von Unternehmern in der Qualität der Arbeit liegt, die ihre Leute abliefern. Wenn diese dabei Spaß und Motivation verspüren, um so besser. Die fröhliche Kumpanei bei Bier und Witzen gehört zum Büroschluss und nicht in die Arbeitszeit.

Mach uns den Blatter!

Pinocchio

Früher hieß es „so alt wie Methusalem“, heute sprechen Personalexperten vom Sepp-Blatter-Effekt. Es geht um die Frage, bis zu welchem Alter Senioren die Fäden bei großen Unternehmen in der Hand behalten dürfen oder sollen. Manche regeln diese Frage rigoros. Sechzig Jahre sollten beispielsweise Topmanager ...

bei BMW in München höchstens sein, dann geht es, im günstigen Fall, ab in den Aufsichtsrat. Die Diskussion hat die gesellschaftliche Mitte erreicht, spätestens seit den Überlegungen, das Rentenalter bis jenseits siebzig zu verlegen. Im Volksmund werden diese Bestrebungen ironisch kommentiert: Die Rente ab siebzig wollen doch die, die keinen über fünfzig mehr einstellen. Für Industriekapitäne gelten ohnehin andere Gesetze. Bertold Beitz traf mit fast neunundneunzig Jahren eine unternehmerische Entscheidung, die seinen Ruf als Managerlegende festigte. Er feuerte seinen designierten Nachfolger Gerhard Cromme, den damaligen Aufsichtsratvorsitzenden von Thyssen-Krupp, und machte nach langem Zögern den Weg frei für eine überfällige Neuordnung des Krisenkonzerns. Ausnahmen sind immer individuell geprägt. Jürgen Deller, Professor für Wirtschaftspsychologie an der Universität Lüneburg, weiß, dass der eine mit achtzig noch leistungsfähig ist, der andere sich schon mit fünfzig der Vergreisung nähert. Daher spricht Deller gegen eine starre Altersgrenze und plädiert für eine individuelle Prüfung. Auch Wolfgang Schäuble, selbst juvenile 73, spricht davon, die Altersgrenze „stärker zu flexibilisieren“. Bei Top-Managern gebe es, so Altersforscher Francois Höpflinger, ein Sonderproblem. „Sie bleiben zu lange auf demselben Posten. Irgendwann sind sie nur noch damit beschäftigt, ihre Macht zu festigen, womit sie sich Schritt für Schritt von der Realität entfernen.“ Dieses Phänomen ist benannt nach einem Funktionär, der im Alter von 80 Jahren seinen Job los wurde, Sepp Blatter.

ENTWICKLUNG UND BEISPIELE

Boni für Griff ins Klo?

Holzpuppe

Hohe Managergehälter, die sich aus Fixum und Bonus zusammensetzen, werden erst dann zum Reizthema, wenn bei Erfolglosigkeit hohe Bezüge ausgezahlt werden. Jüngst diskutiertes Beispiel sind die Vergütungsregeln bei VW, die offensichtlich so gar nicht zu den Konsequenzen aus Dieselgate passen. Sind Boni auf Dauer ...

...ein Irrweg? In den USA, wo vor ca. drei Jahrzehnten Unternehmen anfingen, die Höhe des Gehalts von messbaren Leistungen abhängig zu machen, diskutieren nun Akademiker, ob man nicht wieder zum reinen Festgehalt zurückkehren soll. Bei Bosch wurde dies schon umgesetzt. Der Elektrokonzern schuf individuelle Boni 2015 ab. Die Prämie richtet sich künftig allein nach dem Gesamterfolg des Unternehmens, womit auch die Zusammenarbeit über die Bereiche hinweg gefördert werden soll. Über die motivierende Wirkung von Boni gehen die Meinungen weit auseinander. Reinhard Sprenger bezweifelt in seinem Buch „Das anständige Unternehmen“ überhaupt den Nutzen von Boni und hält dieses Instrument für kontraproduktiv im Unternehmenssinne. Auch Betriebswirtschaftler ziehen zunehmend das Bonus-System in Zweifel. Motivation allein durch Geld spornt weder Mitarbeiter noch Manager auf Dauer zu guter Leistung an. Neue Erkenntnisse verorten gute und wahre Motivation intrinsisch (von innen kommend). Sie führt dazu, dass sich ein Mitarbeiter mit seinem Unternehmen identifiziert und seine Arbeit gerne macht.

Ob solche Überlegungen zur Abschaffung von Bonus-Systemen führen, sei dahingestellt. Zunehmend wird die Auszahlung mehr an die wirtschaftliche Situation der Unternehmen gekoppelt. Zwei Drittel der 30 Dax-Konzerne haben ihre Bonus-Komponenten auf die Zukunft gerichtet.

Nächstes Ziel – CEO Lotterie

Ordnungsprinzip

Das Auslosen von Top-Managern macht Sinn, weil diese auf höchster Ebene ohnehin alle gleich gut qualifiziert sind. Das meint der Verhaltensforscher Chengwei Liu von der Universität Warwick in Großbritannien. Er geht sogar noch weiter, denn für ihn zeichnet den erfolgreichen ...

... Unternehmenslenker mehr Glück als Können aus. Seiner Theorie zufolge werden sich diejenigen, die befördert werden, beim Marsch durch die Institution immer ähnlicher. Nach den vielen Beförderungen, die man zum Aufstieg in die Spitze braucht, sind die individuellen Unterschiede abgeschliffen. Wenn es denn dann noch Leistungsunterschiede gibt, dann beruhen sie darauf, dass jemand zur richtigen Zeit am richtigen Ort war. Glück gehabt. Wenn es nun letztlich eine Glückssache ist, dann kann man den CEO auch auslosen. Liu beruft sich dabei auf ein altbewährtes Konzept im alten Griechenland. Die Polis (Städte) wählten ihre Anführer per Losentscheid aus. Studien, so Liu, haben gezeigt, dass Zufallsmechanismen in der Politik und auf den Finanzmärkten bessere oder zumindest ähnlich gute Ergebnisse erzielen. „Wir haben eine romantische Vorstellung von Anführern und denken, dass das Wohl der gesamten Gruppe, des Unternehmens oder gar der Nation von ihnen abhängt. Das tut es nicht. Forschungen zeigen, dass die Ernennung von CEO’s den Erfolg von Unternehmen viel weniger beeinflusst, als die Finanzmärkte anfangs glauben“.

Unabhängig davon, ob Liu Recht hat oder nicht, sicherlich fehlt es an speziellen Ausbildungen zur Führungskraft. Wer beurteilt die Führungsfähigkeit zu einem Zeitpunkt, zu dem die Person noch keine Führungskraft ist? Unter Umständen sind Zeugnisse und Empfehlungen nicht so aussagekräftig wie beispielsweise ein Audit durch Experten. Und auch denen gelingt womöglich mal ein Glücksgriff für die Führungsetage.

BÜCHER UND ARTIKEL

Netzwerk statt Pyramide

Die Erde ist eine Scheibe?

Nicht weniger als eine radikale Neuorientierung behandelt Frederic Laloux in seinem Werk „Reinventing Organizations“. Selbst finanziert, verkaufte sich die englische Ausgabe binnen Wochen zehntausend Mal. Es bildete sich eine Community um das Buch und übertragen auf die Personal- und Organisationsstruktur ...

... beschreibt Frederic Laloux die Entwicklung von der Erfindung des Rades bis hin zum „Raumschiff Enterprise“. Entsprechend mutet sein Entwurf einer modernen Personalführung/–entwicklung innerhalb einer passenden Organisationsstruktur futuristisch und dennoch vollstellbar an. Laloux arbeitete als Unternehmensberater zunächst bei McKinsey und dann als selbstständiger Berater. Im Laufe der Zeit war er von der seelenlosen Kultur in vielen Unternehmen frustriert. Inspiriert von der integralen Theorie Ken Wilbers erkannte Laloux, dass jede Stufe unserer Entwicklung mit einer eigenen Organisationsform einhergeht und jeder Wandel des Bewusstseins auch die Art unseres Zusammenarbeitens verändert.

Integrale evolutionäre Organisationen nennt er die zunächst höhere Entwicklungsebene, die sich durch fehlende Hierarchie und selbstorganisierende Arbeitsgruppen innerhalb eines Unternehmens auszeichnet. Nun ist dies kein Blick durchs Fernrohr der Zukunft. Laloux begab sich auf eine zweijährige Recherche innerhalb derer er Organisationen suchte und fand, die mit einem neuen Bewusstsein und neuen Werten arbeiten. Insgesamt werden in „Reinventing Organizations“ zwölf dieser Unternehmen vorgestellt. Die Größe der Unternehmen variiert zwischen mehreren Zehntausend und Hundert Mitarbeitern. Drei Merkmahle zeichnen diese Moderne aus: Selbstführung, die Arbeit wird in selbstverantwortlichen Teams organisiert. Als zweites werden die Mitarbeiter als Menschen in ihrer Ganzheit gesehen, mit persönlichen, professionellen und spirituellen Bedürfnissen. Daraus entstehen neue Formen der Konfliktbewältigung und Mitarbeiterführung. Der dritte Durchbruch besteht darin, dass diese Organisationen „auf den evolutionären Sinn hören“. Unternehmen sind also keine Profitmaschinen, sondern lebendige Systeme. „Die Menschen sind nicht da, um vorbestimmte Aufgaben zu erfüllen. Die Aufgaben der Mitarbeiter entstehen aus einer Vielzahl von Rollen und Verantwortungen, die sie aufgrund ihrer Interessen und Talente und den Bedürfnissen der Organisation annehmen“.

Das Buch liest sich kurzweilig und bietet interessante Visionen, die in einen historischen Kontext gesetzt sind und durch praktische Vorbilder belegt werden.


Frederic Laloux, Reinventing Oranizations, ein Leitfaden zur Gestaltung sinnstiftender Formen der Zusammenarbeit, aus dem Englischen von Mike Kauschke, Verlag Franz Vahlen, München, 356 Seiten, € 39,80

Nein

Was die vier Buchstaben aus der Überschrift im Leben bewirken können, beschreibt das Autorenduo Anja Förster und Peter Kreuz anschaulich, leicht lesbar und ohne schlaumeierische Ratgeberpose. Für sie ist das hier beschriebene Nein das neue Ja, nämlich die Bestätigung ...

... für eine selbst verantwortete Freiheit der Entscheidung. Diese Freiheit geht einher mit einer gesellschaftlichen Entwicklung, wie sie auch von Frederic Laloux, dem Autoren unserer weiteren Buchvorstellung „Reinventing Organizations“, wahrgenommen wird. Das gesellschaftliche Miteinander entwickelt sich hin zu einem neuen Zueinander mit verantworteter Selbstbestimmung. Ganz unproblematisch ist allerdings diese neue schöne Welt auch nicht. Der Preis liegt in einer Vielfalt von Entscheidungen, die getroffen und getragen, sprich verantwortet, werden müssen – und zwar von jedem selber. Zögern und Zaudern bedeutet: ich will nicht entscheiden. Oder um es mit den Worten der Autoren zu formulieren, „die Suche nach der Patentlösung von außen ist nichts anderes als der schnurgerade Weg in die eigene Mittelmäßigkeit“.

Es erscheint an vielen Stellen zeitgenössischer Literatur und Artikel das Dilemma zwischen Freiheit und Sicherheit. Mehr Sicherheit bedeutet eben weniger Freiheit. Für Förster/Kreuz lässt sich Freiheit nicht von Vielfalt trennen. „Und Vielfalt beunruhigt alle, die mit Komplexität nicht umgehen können.“ Wohl dem, dem schon der Durchblick gewährt wurde. Wie zum Beispiel der Psychologe und Selbstführungsexperte Jens Corrsen: „Wo ich bin, will ich gerade sein. Alles andere war mir bisher in meiner Vorstellung zu teuer.“

Anja Förster/Peter Kreuz, Nein, was vier mutige Buchstaben im Leben bewirken können, Pantheon Verlag, München, 356 Seiten, € 14,99

DATEN UND AKTUELLES

Öffentliche Trainings

Unser nächstes öffentliches Managementtraining
"WANDEL-MACHT-MUT"
findet an den folgenden Terminen statt:

KARRIKATUR

Zum Schmunzeln

Zum Schmunzeln

Der Newsletter wurde erstellt mit der redaktionellen Unterstützung von www.beziehungswerk.de.

nach oben