NETZ UND TRENDS
Da sei der Strichcode vor

Der Griff ins Produktregal gleicht manchmal einem Überraschungsei. Vor allem zu Hause stellt sich so mancher Kauf als eher unglückliche Wahl heraus. Verbraucher mit Unverträglichkeiten oder ausgeprägtem Nahrungs- oder Umweltbewusstsein bräuchten bei genauerem Hinsehen lange, um herauszufinden, was Ihnen die App Codecheck …
mit einem Scan aufzeigt. Wie umweltfreundlich ist ein Produkt? Steckt vielleicht Mikroplastik in der Kosmetik? Solche oder aber allgemeine Fragen zu Inhalten klärt Codecheck. Die App für Android und iOS macht das Smartphone zum Strichcode-Scanner und gibt Auskunft über Inhaltsstoffe in allen möglichen Produkten. Auch bei Nahrungsmittelunverträglichkeiten lassen sich kritische Stoffe schnell identifizieren. Ob Glutenunverträglichkeit, Lactose-Intoleranz oder aber die Zuckermenge im Drink – der Barcode liefert schnell die entsprechenden Infos. Die App ist im Apple Store und für Android über Google Play erhältlich. In der Grundversion ist Codecheck kostenlos mit Werbeeinblendungen.
Beim Vino Veritas

15 Millionen Menschen nutzen sie weltweit. Mehr als acht Millionen Sorten sind erfasst. Die Rede ist von Vivino, der Wein-App, die das Handy zum Kaufberater macht. Die Vivino-Community ist mittlerweile so zahlreich, dass die Durchschnittspreise und die durchschnittlichen Bewertungen …
einer eigenen Kategorie der Wein-Expertise nahe kommen. Im Supermarktregal stehen Dutzende oder gar Hunderte Weine - doch welche davon wie schmecken und was kosten; hier hilft die App für iOS, Android und Windows Phone weiter. Sie gleicht mit der Handykamera abfotografierte Weinetiketten mit einer Datenbank ab und liefert die sortenspezifischen Informationen. Auch im Restaurant kann die Anwendung nützlich sein. Mit Vivino lässt sich schnell prüfen, ob der Burgunder auf der Weinkarte hält, was Preis und Gastronom versprechen oder ob die Flasche von der Wühltheke des nächsten Discounters stammen. Aber Achtung: das muss nichts bedeuten, denn hier hat sich schon so manches Schnäppchen versteckt.
ERFAHRUNGEN UND ERFOLGE
Über Lügen und Lücken im Lebenslauf

Nirgends wird so viel gelogen wie – ja wobei eigentlich? Spontan fällt da ein, dass man sich über das Zustandekommen des Handicaps seines Golfpartners wundert. Auch der Lebenslauf bei einer Bewerbung kann ein Beispiel gekonnter Irreführung ...
abgeben. Statistisch gesehen steht der Deutsche mit dem Schummeln zu fachlichen Kompetenzen, Berufserfahrung und über Sprachkenntnisse an der europäischen Spitze. Der kleine Schwindel im Vorstellungsgespräch gehört dazu, zumal viele Unternehmen bei den Aussagen zur eigenen Qualität auch nicht zu wortwörtlich zitiert werden sollten. Kosmetik und Selbstoptimierung begleitet den Zeitgeist, warum nicht auch das Curriculum Vitae? Erfahrene Personaler unterscheiden die Dicke der Schminke. Es gibt die eher irrelevanten Schwindeleien, die taktischen Trugbilder und auch den elementaren Betrug. Zu ersterem gehören erfundene Hobbys, als unbedeutend wird die Aussage gewertet, dass Überstunden unproblematisch sind. Betrügerisch wird es bei gefälschten Zeugnissen oder Zertifikaten.
Die Bandbreite ist groß und die Beurteilungen fallen sehr unterschiedlich aus. Ein erschlichener Doktortitel der Jurisprudenz erfährt wahrscheinlich eine mildere Ahndung denn eine gänzlich erfundene Approbation. Bei dieser drohen zivilrechtliche Schadensansprüche, eine Anfechtung des Arbeitsvertrages wegen arglistiger Täuschung sowie eine Strafanzeige wegen Missbrauchs von Berufsbezeichnungen und Betruges. Grundsätzlich gilt: ein zivilrechtlicher Schadenersatz verjährt in drei Jahren ab Kenntnis des Arbeitgebers, ohne dessen Kenntnis nach zehn Jahren.
Ein Werber aus New York probierte es übrigens einmal neben einem geschönten mit einem ehrlichen Lebenslauf, der Schwächen und Fehlschläge listete. Nur ein Unternehmen reagierte auf den Blümchen-CV, acht dagegen wollten den „brutalst“ ehrlichen Bewerber in einem Vorstellungsgespräch kennenlernen.
Kommerz und Courage

Die „MeToo“ Bewegung hat es mit hervorgebracht. Unternehmen beziehen Stellung zu gesellschaftspolitischen Themen. Ja dürfen die das denn? Na klar dürfen die das, aber macht es denn auch Sinn, produkt- ...
und dienstleistungsfremd in der Öffentlichkeit Stellung zu beziehen? Wie immer liegt die Antwort irgendwo mittendrin dazwischen. Ein Unternehmen, dessen Zielgruppe Frauen ausmacht, wird sich sicherlich keinen Unmut zuziehen, wenn es „Female Empowerment“ in Spots und Anzeigen thematisiert. Hier können sogar zwei Fliegen mit einer Klappe erwischt werden. Die Firma stärkt ihr Image im Kundenkreis und hat überdies den Themenkreis elegant erweitert, über den sie Content auf allen Social-Media-Kanälen generieren kann. Wenn alles gut läuft, verbindet sich Engagement mit Marketing synergetisch. Nur, diese Verbindung muss authentisch sein. Kommt der Kunde dahinter, dass alles nur zum Zweck einer breiten Marketing-Kampagne gestartet wurde, droht erheblicher Schaden bis hin zum Verlust des Markenkerns.
Also aufpassen vor Fallstricken, die dann drohen, wenn die Botschaft nicht zur Unternehmensphilosophie oder zur -praxis passt. Im Zweifelsfall lieber auf Debattenbeiträge verzichten.
ENTWICKLUNG UND BEISPIELE
Die gute neue Massenmenschhaltung

Großraumbüros steigern die Produktivität in Unternehmen. Großraumbüros hemmen die Kommunikation und damit die Produktivität. Ja was denn nun? Die Essener Funke Mediengruppe setzt bei ihrem Neubau in der Innenstadt...
auf das fröhliche Miteinander innerhalb einer großen Bürofläche. Sehr zum Leidwesen der Mitarbeiter, die diese Maßnahme mit einem Kopfschütteln goutieren. Auch sie haben neuere Studien gelesen, die diesem Büroalltag keine erfolgreiche Zukunft prophezeien. Der Annahme, dass mit dem Wegfall der Trennmauern auch Kommunikationshürden fielen, tritt eine Studie der renommierten Harvard Universität entgegen. Nun ist in jüngster Vergangenheit bekannt geworden, dass viele Studien in sehr zweifelhaften wissenschaftlichen Verlagen verlegt wurden, ohne wissenschaftliche Überprüfung der eingestellten Artikel. Davon ist in diesem Fall nicht auszugehen.
Die Studie erschien im Fachjournal „Philosophical Transactions“ . Der erste Artikel dieses Fachjournals wurde im März 1665 in London veröffentlicht. Von 1703 bis 1727 leitete übrigens Isaac Newton ( ja, genau der!) diese wissenschaftliche Publikation. Diese kleine Randinformation mag dem Einwand von Skeptikern vorbeugen, dass heutzutage wissenschaftlichen Studien nur bedingt zu trauen sei.
Kurzum, die Wissenschaftler Ethan Bernstein und Stephen Turban fanden heraus, das die Gespräche von Angesicht zu Angesicht im Großraum um etwa 70 Prozent zurückgingen. Zu etwa gleichen Anteilen stieg der Informationsaustausch via E-Mail und Messenger. Statt coram publico mit Kollegen oder dem Chef zu reden, schreiben die Mitarbeiter lieber eine E-Mail. Der offenen Vollzug reduziert zudem massiv die Zufriedenheit vieler Angestellter. Der kleine Klatsch unter Kollegen im abgeschiedenen Büro erweist sich auf dem diesem Hintergrund als Balsam für Psyche und Produktivität. Übrigens, ein Schelm würde den Geburtsort der Idee zum Großraumbüro wahrscheinlich in einem schicken Einzelbüro mit Ausblick vermuten.
Von der Spitze in die Stütze?

Zu erfolgreichen Topmanagern schaut man gerne auf. Dieser Blickwinkel verändert sich selten, denn das Thema Arbeitslosigkeit wird für dieses Segment kaum aufgegriffen. Dennoch beschreibt das „Draußen vor ...
der Tür“ für Spitzenkräfte nicht nur Einzelschicksale. Mit Mitte fünfzig öffnen sich die Portale zu einer neuen Position nicht so leicht. Auch wenn die bisherige Laufbahn erfolgreich verlief und große Management-Erfahrung den Kandidaten auszeichnet. Eine gehörige Portion Sarkasmus schwingt mit, wenn man in Beiträgen auf Social-Media-Plattformen liest: „Rente erst ab 70? Das propagieren doch diejenigen, die keinen über 50 mehr einstellen“. Arbeitgeber begegnen diesen alten Neueinsteigern mit Skepsis. Sie gelten als überqualifiziert, zu alt und damit zu teuer. Jüngere Führungskräfte mindern das Risiko bei Neueinstellungen, denn man glaubt sie flexibler, preiswerter und leichter kündbar. Manager, die lange in einer Position tätig waren, sind häufig hoch spezialisiert, gleichzeitig hat aber die allgemeine Weiterbildung ebenso häufig gelitten. „State of the Art“ im Management hat sich 25 Jahre nach Karrierestart deutlich verändert.
In der Arbeitslosenstatistik tauchen die suchenden Topleute selten auf, denn Abfindungen und Privatvermögen sind in aller Regel zu hoch, um Leistungen zu beziehen. Mit der Vermittlung dieser Klientel tun sich die Agenturen schwer. Daher empfehlen sie Selbstständigkeit, Teilhaberschaften, Beratertätigkeit bis hin zu später Promotion und anschließender Professur. Zumindest die Selbstständigkeit scheint kein schlechter Tipp zu sein: die Gründer nachhaltig erfolgreicher Startup-Unternehmen rekrutieren sich genau aus der Altersgruppe Ü 50.
BÜCHER UND ARTIKEL
Verlust schmerzt mehr

Kaufentscheidungen gehören zum Alltag. Vermeintlich trifft man sie aus kühler Überlegung. Dem ist nicht so. Der Wirtschaftspsychologe Richard Thaler gewährt in „Misbehaving“ den Blick auf die Forschungen der Verhaltensökonomie, welche die menschliche Unvernunft...
beim Umgang mit Geld untersucht. Den Homo oeconomicus gibt es also gar nicht? Doch. Schon. Er geistert aber eher als Denkmodell denn als lebende Spezies durch Fachliteratur und wissenschaftliche Fußnoten. Volkswirtschaftler älterer Prägung kritisieren schon länger die mathematische Dominanz in der Makroökonomie. Genau hier setzt Thaler an und rüttelt mit einer Vielzahl von Beispielen und Untersuchungen an der klassischen Ökonomie. Sie hat ihre Methodik genau dort abgespalten, wo sich das Forschungsobjekt Wirtschaft als besonders formelresistent behauptet hat: bei den menschlichen Akteuren. Thaler, der sich als junger Wissenschaftler stark an Daniel Kahnemann und Amos Tverski orientierte, entwickelt Zweifel an den Schlussfolgerungen der beiden renommierten Wissenschaftler. Ihn stört, wie übrigens auch Reinhard K. Sprenger in der letzten Ausgabe dieses Newsletters, die Laborsituation, in der Probanden auf bestimmte Fragestellungen reagieren. Menschen im alltäglichen Leben reagieren nicht rational, sie reagieren mit „Misbehaving“ auf den Nutzenmaximierer, den Homo oeconomicus.
Der Verhaltensökonom belegt diese Überlegung u.a. an einem Beispiel mit New Yorker Taxifahrern. An guten Tagen setzen sie sich ein Verdienstlimit, nach dessen Erreichen sie aufhören. An schlechten Tagen fahren sie länger. Für Thaler ist dieses Verhalten paradox. Die guten Tage würden viel mehr einfahren und die Mehrarbeit dann schaffte Zeit- und Ruhepolster für die schlechten Tage.
Paradox scheint auch, dass Verlust mehr schmerzt als das Gewinn erfreut. Menschen trennen sich meist nicht von verlustbringenden Anlagen, sondern werden eher noch risikobereiter, in der Hoffnung, den Verlust wieder auszugleichen. Das Buch ist voll von Anekdoten, die das Verhalten in Spielkasinos, Finanz- und Aktienmärkten aber auch den Universitätsbetrieb in den USA veranschaulichen und recht präzise analysieren. Richard Thaler erzählt unterhaltsam. Er kennt eine Vielzahl bekannter Wissenschaftler, von denen er einige Geschichten und persönliche Erlebnisse zu erzählen weiß. Vielleicht hat man deswegen am Ende das Gefühl, fast mehr über die Sozialkompetenz des Autoren als über Verhaltensökonomik erfahren zu haben.
Richard Thaler: Misbehaving – Was uns die Verhaltensökonomik über unsere Entscheidungen verrät, übersetzt von Thorsten Schmidt, Siedler Verlag, München 2018, 512 Seiten, 28 Euro
Das bleibt hängen

Wie setzt sich was in den Köpfen der Menschen fest? Ganz einfach, in dem man es in den Gehirnen festklebt. Das behaupten anschaulich die Brüder Chip und Dan Heath in ihrem Buch „Made o stick“. Wie es sich für einen ordentlichen Ratgeber gehört, gibt es ...
auch eine passende Formel dazu. In der deutschen Übersetzung lautet der Titel „Was bleibt“. Es ist bereits 2008 erschienen und leider vergleichsweise teuer. Die englische Taschenbuchausgabe empfiehlt sich da eher, zumal die Sprache einfach und anschaulich gehalten ist. Aber zurück zur Formel, sie lautet SUCCESS. Angewandt heißt das: Einfach; Unerwartet; Konkret; Glaubwürdig; Emotional und Geschichten. Das zusammen bildet den Klebstoff, damit die Idee oder Botschaft nachhaltig im Kopf hängen bleibt. Zugegeben, die Idee ist nicht neu. Aber die Vorbereitung, wie man eine Botschaft „rüberbringt“ und kommunikativ verankert, ist schon prima veranschaulicht. Muss ja auch, denn sonst wäre das ganze Buch eine Karikatur seiner selbst. Zu jedem der sechs SUCCESS-Bausteine gibt es treffende und überzeugende Beispiele. „Halte es einfach“ ist schon ein wichtiger Starthinweis. Bill Clintons "It's the economy stupid" gab seiner Kampagne Fokus und Dynamik und ist bis heute Bestandteil von Anleitungen, wie man eine erfolgreiche Kampagne konzipiert.
Die Überraschung durch das Unerwartete ist ein weiterer Schlüsselhinweis. „Überraschung schafft einen interessanten Gesichtsausdruck und "öffnet" das Gesicht (und als solches sind wir offen für neue Ideen. Mit Wut sind wir fokussiert und geschlossen (wenn wir wütend werden, werden wir uns unserer Ansichten sicherer),“ so die Erklärung der Autoren. Das Gesagte sollte nachvollziehbar sein. Je mehr eine Botschaft mit Beispielen aus dem täglichen Leben veranschaulicht ist, desto realer wird sie wahrgenommen, sie wird konkret. Auch zu den Bausteinen Glaubwürdigkeit und Emotionalität gibt das Autorengespann treffende Beispiele. Nun, und die Bedeutung von Geschichten ist auch in unserem Alltag immer sichtbarer. Storytelling heißt das neue Zauberwort, dass sich über Werbebotschaften bis hin zu Unternehmenspräsentationen bemerkbar macht. Ein bisschen passt auch die Posting-Prämisse der Social-Media-Plattformen dazu: Leute, liefert Inhalte und nicht nur Worthülsen!
Chip Heath/Dan Heath, Made to stick, Why Some Ideas Survive and Others Die, Random House Trade Paperbacks (September 2010), 336 Seiten, 9,49 €
DATEN UND AKTUELLES
Öffentliche Trainings
Unser nächstes öffentliches Managementtraining
"WANDEL-MACHT-MUT"
findet an den folgenden Terminen statt:
KARRIKATUR
Zum Schmunzeln

Der Newsletter wurde erstellt mit der redaktionellen Unterstützung von www.beziehungswerk.de.