NETZ UND TRENDS

Such, such!

e-mail

„Zeige mir, was Du suchst und ich sage Dir, wer Du bist“ könnte die Direktive von Suchmaschinen, allen voran Google, lauten. Diese Schlussfolgerung gilt nicht unbedingt. Es gibt leistungsfähige Suchmaschinen, die …

die Datenspuren des Suchers nicht festhalten – so zumindest die eigene Aussage. Grafisch gefällig kommt die französische Alternative qwant.com daher. Hier werden die IP-Adressen nicht aufgezeichnet, allerdings können Suchverläufe und -ergebnisse über ein eigenes Kundenkonto archiviert werden. Wer wissen will, ob bestimmte Bilder irgendwo im weltweiten Netz auftauchen, dem winkt Finderglück über die Suchmaschine TinEye.com. Immerhin 31,8 Milliarden Bilder, die im Netz abgelegt sind, sollen abgeglichen werden. Wissenschaftlich wird es auf der Seite worldwidescience.org, die akademische Texte nach Textart, Autor und Herkunftsland sortiert. Auf Persönlichkeitsprofile verzichten auch duckduckgo.com und searx.me, wobei letztere auch auf dem eigenen Server installiert werden kann.

2008 wurde Ixquick mit dem europäischen Datenschutzsiegel ausgezeichnet, die Aufspürergebnisse waren indes noch lückenhaft. Die niederländischen Betreiber benannten den Dienst in startpage.com um und lassen nun Google die Suchergebnisse erzeugen. Allerdings mit eigenem Proxy-Service, der die Weitergabe privater Informationen an Google oder die besuchten Seiten unterbindet.

Es empfiehlt sich, die oben erwähnten Suchmaschinen auszuprobieren. Den Vergleich zum Marktführer brauchen alle erwähnten Anbieter nicht zu scheuen. Vielleicht gefällt die eine oder andere Aufbereitung besser – und das Bewusstsein, sich die Datenviehwiese auszusuchen, stärkt womöglich die Souveränität als „digital adult“.

Sichtbarkeits-Marktführer

Speicherstick

Genau, das gibt es. Google ist beispielsweise Sichtbarkeits-Marktführer bei Stellenanzeigen. 2017 starteten die Suchmaschinen-Meister aus Mountain-View das Programm „Google for Jobs“ in den USA als Service zur Personalbeschaffung. Hierzulande ist dieses Programm …

derzeit nicht aufgelegt, als Jobsuche-Funktion jedoch seit Mai dieses Jahres verfügbar. Selbst abgespeckt ist die Wirkung deutlich zu spüren. Das Karrierenetzwerk Xing und die Stellenbörse Monster arbeiten in Deutschland mit Google zusammen. Monster macht dies aus gutem Grund, denn der US-amerikanische Ableger des englischen Mutterkonzerns verzeichnet seit Einführung von „Google for Jobs“ um die Hälfte weniger Zugriffe auf die Stellenausschreibungen. Stepstone, marktführende Jobbörse in Deutschland, und Indeed, Weltmarktführer aus Japan, mögen sich nicht kampflos ihrem Schicksal ergeben. Zusammen mit dem Bundesverband deutscher Zeitungsverleger haben sie bei der EU-Kommission Beschwerde eingelegt. Sie sehen Missbrauch von Marktmacht, mit der das googleeigene Produkt gefördert wird und die anderen aus dem Markt verdrängt werden.

Ein „Greta-hilf“ können zumindest die Verleger beten. Nach Berechnung der New York Times verbraucht eine einzige Such-Anfrage bei Google so viel Strom wie eine 11-Watt-Energiesparlampe pro Stunde.

ERFAHRUNGEN UND ERFOLGE

Pass bloß auf

Entscheidungsgewalt

Wer viel arbeitet, macht viele Fehler, wer wenig arbeitet – das Satzende ist bekannt. Schwieriger wird die Beurteilung bei der Haftung von Mitarbeitern, die einen Schaden verursachten, dessen ...

Regulierung ansteht. Wer zahlt überhaupt und wenn ja wieviel? Das kommt darauf an, würde der befasste Jurist antworten. Von Bedeutung ist wohl die Schwere des Fehlers und auch, wer der Geschädigte ist, ob Arbeitgeber, Kollege, Kunde oder Dritte. Je nach Gemengelage weist die Schadenszuweisung viele Variablen auf. Meist so viele, dass die Gerichte gern jeden Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände entscheiden. Kurzum, eine Faustregel gibt es so gut wie nicht. Der Grad der Fahrlässigkeit spielt eine wichtige Rolle und auch, inwieweit und vollständig eine Einarbeitung und Einweisung erfolgt ist. Die meisten Schäden werden wohl durch Unachtsamkeit, die oft mit leichter Fahrlässigkeit einhergeht, verursacht. Hier haftet der Arbeitnehmer gar nicht. Der Haftungsumfang des Arbeitnehmers orientiert sich ohnehin an seinem Monatseinkommen, so dass große Schäden oftmals nicht gedeckelt sind.

Der Schadensfall bleibt für alle Beteiligten ein Ärgernis, das von viel Rennerei und Nachfragen begleitet ist. Die beste Versicherung ist wahrscheinlich der Mitarbeiter, der um Aufgabe und Verantwortung weiß. Hier ärgern die eigenen Fehler am meisten.

Zahlen Sie noch oder Vippsen Sie schon?

Pinocchio

Zahlen Sie bar oder mit Karte? Diese Frage hört man beispielsweise in Norwegen überhaupt nicht. Im Gegenteil, Restaurants in Oslo weisen im Eingangsbereich darauf hin: no cash ...

Hoch im Norden scheint alles anders. Nur elf Prozent aller Zahlungen erfolgen in bar. Im vergangenen Jahr haben die Kartenzahlungen in Deutschland erstmals den Magnetstreifen leicht vorne gehabt. Mit 48,6 Prozent lag Kunststoff knapp vor Kleingeld mit 48,3 Prozent. Ganz anders die Nachkommen der Nordmänner, hier nehmen auch Straßenkünstler und Bettler die Spende via Smartphone (warum sollen die auch keines haben). „Vippsen“ heißt der fröhliche Geldumlauf, benannt nach der Vipps-App, die bei gut 3,2 Millionen Bürgern im Einsatz ist. Wohlgemerkt, insgesamt zählen die Norweger 5,3 Millionen Staatsangehörige. Und diese haben Vertrauen in ihre politischen Vertreter und Institutionen. Es herrscht die Überzeugung, dass eine bargeldlose Gesellschaft den Schwarzmarkt, Korruption und Steuerhinterziehung besser bekämpfen kann. Hierzulande besteht eher Misstrauen gegenüber dem gläsernen Deutschen. Mehr Menschen und prägende Erfahrung in jüngerer Geschichte mögen da als Erklärungsversuch der unterschiedlichen Mentalität herhalten.

Zurück zum Vippsen: das Fehlen eines verbreiteten Bezahldienstes in Deutschland wird bei den Nachbarn jenseits der Ostsee aufmerksam beobachtet. Es scheint, als stünde man in den Startlöchern, um der Patchwork-Struktur der teutonischen Finanzdienstleister einen fleckendeckenden, passenden Norweger-Pullover überzuziehen.

ENTWICKLUNG UND BEISPIELE

Sympathie schlägt Sachkunde

Holzpuppe

Man höre und staune, ja es gibt noch Vertriebler, auch wenn sich diese Tätigkeit dem Wandel der Zeit hat anpassen müssen. Quereinsteiger mit anderer Berufsausbildung haben die Perspektiven...

des ehemals „Handelsvertreter“ genannten Berufes neu entdeckt. Vorab, man muss schon bestimmte Voraussetzungen mitbringen, um an der Verkaufsfront mit Nasenfaktor dieselbe vorne zu haben. Sympathie schlägt Sachkunde, denn Preise und Leistungen der meisten Produkte und Dienste sind im Netz schnell nachgeschaut. Es bleibt als wichtiger Faktor neben der Sachebene die Beziehungsebene. Vieles deutet darauf hin, dass diese Ebene den wichtigsten Kommunikationsaspekt ausmacht. Eine Best- Practice-Untersuchung von 3LINES und der Nordakademie in Elmshorn ergab, dass die zehn Top-Verkäufer des Logistik-Spezialisten Still in Hamburg in punkto Sachkunde bei weitem nicht die Besten waren. Sie verfügten über die größte Sozialkompetenz und platzierten darüber die meisten Kundenkäufe. Im Gegensatz zur landläufigen Meinung ist nicht die Redseligkeit des Verkäufers die wichtigste Eigenschaft, sondern das Zuhören.

Für den Seiteneinsteiger ist es eine sehr persönliche Entscheidung, ob er sich der Herausforderung Vertrieb stellen kann und will. Es winken selbständiges Arbeiten in Verbindung mit zeitlicher Flexibilität. Es warten Verkaufserfolg und Vorgaben, teilweise verbunden mit Entlohnung nach Provisionsmodellen. Je nach Persönlichkeit beflügelt der Druck den Erfolg – aber eben auch den Misserfolg. Auf alle Fälle aber gilt der chinesische Sinnspruch: Wer nicht lächeln kann, soll kein Geschäft eröffnen.

Mut zur Lücke

Ordnungsprinzip

„Ich weiß, dass ich nichts weiß“ oder „Wissen ist Macht“, Sinnsprüche rund ums Wissen gibt es viele. Die Frage ist mittlerweile, ob die Jagd nach dem Wissen sich durch Zeit und Künstliche Intelligenz ...

nicht selbst digital überholt. Oder um mit Goethe zu sprechen: Mit dem Wissen wächst der Zweifel. Ein kleines Zahlenspiel um den Wissenswirbel mag dies verdeutlichen. 1780 warben französische Enzyklopädisten mit dem gesamten Wissen der Menschheit. Es war zusammengefasst in 35 Bände mit 70.000 Artikeln. Nimmt man zum Vergleich die digitale Version Wikipedia von Mai 2019, finden sich bereits 5,8 Millionen Beiträge, Tendenz steigend. Steigend deshalb, weil jede beantwortete Frage neue Fragen aufwirft. Es gibt die Vermutung, dass das immerwährende Aufwerfen von Fragen in Untätigkeit mündet. Zumindest ist bislang der Nachweis nicht erbracht, dass die Einberufungen von Expertenkommissionen anstehende Vorhaben beschleunigen. Anders gesagt, Entscheidungen fallen nicht unbedingt besser aus, wenn man besonders viele Kenntnisse gesammelt hat. Selbst die noch relativ junge Verhaltensökonomie geht davon aus, dass Entscheidungen nur vermeintlich der Abwägung einer Faktenlage entspringen. In Wirklichkeit dient das Sammeln der Fakten nur dazu, die ursprünglich per Bauchgefühl gefasste Absicht rational zu begründen. Man fühlt sich einfach besser, wenn man nachvollziehbar erklären kann, warum nun unbedingt der Smart oder der Porsche Cayenne benötigt wurde.

Übrigens, selbst die Möglichkeit zum Blick in die Zukunft trifft auf wenig Begeisterung. Laut einer Untersuchung wollten nur ein Prozent der Befragten alles über ihre Zukunft erfahren. Womit wir wieder beim unerschöpflichen Quell der Sinnsprüche angelangt sind: „Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß.“

BÜCHER UND ARTIKEL

Wenn es nix kostet, bist Du das Produkt

Die Erde ist eine Scheibe?

Das schon mal vorweg, die Warenwerte im Netz sind damit prima beschrieben. Im Zusammenhang mit Überwachungskapitalismus und Plattformökonomie ist der Harvard-Ökonomin Shoshana Zuboff eine umfassende Analyse der Macht- und Wirtschaftsmodelle ...

in den neuen Medien gelungen. Ihr Buch „Das Zeitalter des Überwachungskapitalismus“ zeigt auf Schwach- und Bruchstellen, die bei dem Boom der Geschäftsmodelle im Internet immer deutlicher zutage treten. Den Begriff des Überwachungskapitalismus hat die Autorin selbst in die Debatte geworfen und womöglich setzt er sich im Sprachgebrauch durch. Er trifft den Kern. Anstelle der Produktionsmittel tritt das Data-Mining und anstelle des Geldes treten die Daten. Das sind die Bewegungsmuster der Nutzer, die damit eine Vielzahl von Informationen über sich liefern, die Online-Identität inklusive finanzieller Hintergrund als Schmankerl obendrein. Es geht um mehr als neue Bettwäsche, weil man mal ein Nachthemd gekauft hat. Die Identitäten als handelbare Güter sind wertvoller Rohstoff, mit dem wohl auch Wahlkämpfe gewonnen werden können. Es geht eben nicht nur um individuell passende Werbung, es geht auch um massive Propaganda im Sinne politischer Beeinflussung. Dabei sitzt niemand mehr irgendwo und macht irgendwas. Der mutierte Kapitalismus verarbeitet mit Maschinenintelligenz die Nutzerdaten, um genau vorherzusagen, was die Nutzer fühlen, denken und tun. Nicht mehr der große Bruder beguckt dich, the Big Other tritt auf, um die Domestizierung der menschlichen Natur zu vollenden.

In Kombination mit Künstlicher Intelligenz könnte sich die Plattformökonomie zur Plattformoligarchie entwickeln, was noch die kleinere Schreckensvision bezeichnet. Die 728 Seiten sind keine flüssige Wochenend-Lektüre. Sie können gleichwohl als fundierte Anregung wirken, dem Hype um Google und Facebook sowie den damit verbundenen Implikationen mit dosierter Distanz zu begegnen.


Shoshana Zuboff, Das Zeitalter des Überwachungskapitalismus, Campus Verlag, Frankfurt 2018, übersetzt von Bernhard Schmid, 728 Seiten, 29,98 Euro.

Gut genug

Good-Enough-Standard nennen chinesische Manager ihr Vorgehen, um mit einem Produkt einen Markteintritt zu wagen. Gemeint ist damit, dass sie das Produkt nicht zu 100 Prozent perfektionieren, sondern ihnen reichen ...

bereits 80 Prozent. Der Wirtschaftsredakteur Wolfgang Hirn kennt das riesige Land im fernen Osten. In seinem Buch „Chinas Bosse“, beschreibt er, was das zur Weltmacht erwachte Land antreibt, wie die Menschen denken und für welche Zeiträume sie ihre Ziele definieren. Was man hier liest, lässt einen verwundert die Augen reiben. Von wegen drei Chinesen mit dem Kontrabass, hier wird in großer Orchestrierung die Sinfonie der Zukunft gespielt. Internet-Riesen wie Tencent oder Baidu können es mit Facebook oder Google längst aufnehmen. Mit massiver Unterstützung des Staates mischen sie bei Künstlicher Intelligenz, der Gesichtserkennung, dem autonomen Fahren und der E-Mobilität ganz weit vorn mit.

Bis auf wenige Ausnahmen sind die Unternehmen und Personen, von denen der Autor erzählt, hierzulande weitestgehend unbekannt. Das macht ihre Geschichten nicht weniger interessant. Da gibt es zum Beispiel Jiang Jianqing, der 81.000 Dollar im Jahr verdient. Er steht der wertvollsten Bank der Welt vor. Zum Vergleich ist Jamie Dimon, Chef von JP Morgan Chase, aufgeführt. Er bezog im Vergleichszeitraum ein Jahressalär von 27 Millionen Dollar. Apropos Millionen Dollar, Ende 2016 gab es 1,6 Millionen Chinesen mit einem durchschnittlichen Pro-Kopf-Vermögen von rund 1,3 Millionen Euros. Wer ein paar Zahlen zur Gruppe der Milliardäre lesen möchte, dem sei das Buch ans Herz gelegt.

Hirn schreibt gut lesbar, kenntnisreich und bleibt in kritischer Distanz zum Thema. Die Zusammenhänge zwischen staatlicher Kontrolle und privatwirtschaftlichem Engagement sind beispielhaft aufgezeigt und so wird klar, warum kein privates Unternehmen in China ohne den politischen Segen von oben aufsteigen oder im Ausland investieren kann. All dies ist wunderbar unaufgeregt erzählt, frei nach dem Motto: Da tut sich was. Hysterische Warnrufe zur gelben Gefahr überlässt Wolfgang Hirn anderen.


Wolfgang Hirn, Chinas Bosse, Campus Verlag, Frankfurt 2018, 284 Seiten, 26,00 Euro.

DATEN UND AKTUELLES

Öffentliche Trainings

Unser nächstes öffentliches Managementtraining
"WANDEL-MACHT-MUT"
findet an den folgenden Terminen statt:

KARIKATUR

Zum Schmunzeln

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