NETZ UND TRENDS
Good Guy Google?
Allen Unkenrufen und Baidu (chinesische Suchmaschine) zum Trotz: Google ist mit 91 Prozent aller Suchanfragen der weltweit meistgenutzte Suchdienst. Derzeit wohl auch größter Aufregungsauslöser im Silikon-Valley, …
denn ein Milliardengeschäft steht auf der Kippe: Im US-amerikanischen Mountain View, dem Stammsitz von Google, ließ man verlauten, dass ab 2022 nicht nur Drittanbieter-Cookies verbannt würden, sondern auch keine anderen Instrumente mehr entwickelt werden, um Nutzer im Netz zu verfolgen. Fast jede Webseite speichert kleine Dateien auf den Rechnern der User. Sie erleichtern den Zugang zur Seite. Die Betreiber lassen allerdings Cookies von Drittanbietern zu, die dann mit möglichst vielen Daten Nutzerprofile bilden. Ziel ist der Verkauf passender Werbung. Es handelt sich hierbei immerhin um einen Markt, der jährlich viele Milliarden Dollar in die Kassen derer spült, deren Geschäftsmodell auf Tracking, also dem Verfolgen digitaler Spuren im Netz, beruht. Dabei sind die daraus geschöpften Anzeigen womöglich ein Auslaufmodell, denn Kontextbezogene Werbung scheint der verhaltensorientierten Reklame den Rang abzulaufen. Die neue Anzeigenplatzierung orientiert sich nicht mehr am Datenprofil der Besucher, sie steht in Bezug zum Inhalt der Webseite.
Google selbst ficht das wenig an, denn der eigene Datensauger funktioniert bestens mit Google Search, Gmail, Maps und dem Android Betriebssystem. Doch Achtung! In der Schweiz tüftelt Christoph Cronimund an Trooia. Die hier eingegebenen Suchanfragen werden zwar Google übermittelt, die gefundenen Ergebnisse landen aber über Umwege beim Fragesteller. Dieser bleibt für Google unsichtbar. Marktmacht ist halt auch kein Ding für die Ewigkeit.
Der Spion, der gern im Handy saß
Die Minox B ist als berühmte Spionage Kamera längst Geschichte, hochaktuell sind dagegen Auskundschaftungs-Apps, mit denen sich alle Daten auf dem Smartphone überwachen lassen. Und nein, die Rede ist nicht vom eigenen Handy. …
Schlecht, dass die Spionage App nicht nur Daten ausspäht, sondern diese auch an den Überwacher weiterleitet. Nachrichten, Chatverläufe sowie E-Mails oder Suchanfragen werden so mitgelesen. Gut ist, dass das derart befallene Smartphone deutlich langsamer arbeitet, als man es gewohnt war. Es hilft ein Blick auf die installierten Apps. Ist eine Anwendung unbekannt, sollte man diese löschen, was in der Regel problemlos möglich ist.
Ganz auf der sicheren Seite befindet man sich, wenn im Verdachtsfall oder auch routinemäßig das Smartphone untersucht wird. Hierbei helfen Anti-Spionage Apps wie Looky-Looky für iPhone oder SnoopSnitch für Androidgeräte. Diese Anwendungen erkennen und entfernen sofort unerwünschte Mitleser. Übrigens, wenn man bei der Einreise in verschiedene Länder bei der Passkontrolle aufgefordert wird, das Smartphone für einen Moment zur Überprüfung aus der Hand zu geben… den Rest kann man sich denken.
ERFAHRUNGEN UND ERFOLGE
Und die Erde ist ne Scheibe
Verschwörungstheorien gab es schon immer. Schwer fällt die Erkenntnis, ob es sich um Propaganda, Fehlinformation oder einfach nur um ein schlichtes Gemüt handelt. Ganz schwierig wird es, wenn unverrückbare Meinungen aufeinanderstoßen. Der Austausch fährt fest und ...
Unmut wie Sprachlosigkeit nehmen Platz am Tisch. Förmlich explodiert sind Irrungen und Wirrungen mit Corona. Die Beratungsstelle Sekteninfo Nordrhein-Westfalen zählte 2020 viermal so viele Beratungsfälle wie in den Jahren zuvor. Auch die Vorfälle am Arbeitsplatz nehmen zu und gefährden schlimmstenfalls den Betriebsfrieden. Was tun? Argumente scheinen nicht das richtige Mittel zu sein. Der Gesprächspartner macht zu und die Kommunikation bricht dauerhaft ab. Für Claus-Christian Carbon von der Universität Bamberg ist die Corona-Krise ein besonders guter Nährboden für extreme Mythenbildung. Angst um Gesundheit und Existenz spielen eine Rolle und schwer wiegt, dass der „Feind“ unsichtbar bleibt. In der Beratungsstelle Sekteninfo wird empfohlen, eine Unterredung nicht am Verschwörungsthema festzumachen, sondern Sorgen und Befürchtungen des Gegenübers individuell anzusprechen. Über diesen Umweg reißt der Faden seltener und Menschen im Gespräch bleiben einander zugewandt.
Für den Professor aus Bamberg ist die jeweilige Überzeugung weniger eine Frage des Bildungsgrades. „Prinzipiell kann jeder auf Verschwörungstheorien reinfallen.“ Es hängt davon ab, wie gut eine Geschichte sei, welches Vorwissen zum Thema besteht und welche Informationsquellen herangezogen würden.
Maske oder Kündigung?
Mit der Maske in Zeiten von Corona beschäftigen sich zunehmend die Gerichte. Das Thema ist auf breiter Front in der Gesellschaft angekommen, demzufolge auch am Arbeitsplatz. Kann der Kollege die Maskenpflicht ignorieren oder ...
sind letztendlich Mund und Nase zu bedecken? Kommt drauf an, sagen erwartungsgemäß verschiedene Arbeitsrechtler. Aufgrund seiner Fürsorgepflicht muss der Arbeitgeber einen angemessenen Gesundheitsschutz gewährleisten. Besteht für den Betrieb ein festgelegtes Corona-Hygienekonzept, so kann im Rahmen des Weisungsrechtes die Maske verpflichtend sein. Damit stehen die gleichen Maßnahmen zur Verfügung, wie sie auch bei anderen Pflichtverletzungen zur Anwendung kommen. Die Abmahnung ist möglich, theoretisch auch eine ordentliche oder außerordentliche Kündigung. Bis auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses einer Primarstufenlehrerin in der Schweiz aus diesem Grund scheint ein solcher Fall an deutschen Gerichten noch nicht ausverhandelt zu sein.
Thema und Terrain bleiben schwierig. So sind beispielsweise Teilnahmen an Corona Gegendemonstrationen Privatsache. Es sei denn, es werden Zugehörigkeitsmerkmale zum Arbeitgeber wie Dienstkleidung oder Dienstausweis getragen. Disziplinarische Konsequenzen sind möglich. Wie weit diese reichen können, werden erst künftige Rechtsstreitigkeiten zeigen. Egal welche gesellschaftlichen Auswirkungen die Pandemie haben wird: Musterprozesse sind mit großer Wahrscheinlichkeit zu erwarten.
ENTWICKLUNG UND BEISPIELE
Wie isset so?
Kaum einer hätte je damit gerechnet, dass die Plauderei mit Kollegen am Arbeitsplatz Nostalgie auslöst. Gut, das galt vielleicht immer schon für Rentner und Pensionäre, aber Homeoffice-Schaffende? Tatsächlich ...
zeigen Untersuchungen, dass die Büroarbeit kein Auslaufmodell zu sein scheint. Einer Umfrage des Digitalverbands Bitkom zufolge will eine überwiegende Mehrheit wieder im Büro arbeiten, sobald das möglich sein sollte. 85 Prozent der Befragten wünschen sich an den festen Büroarbeitsplatz zurück. Unter den älteren Umfrageteilnehmern ist der Anteil höher. Robert Dunbar von der Universität Oxford weiß um die Bedeutung von Small Talk auf dem Flur. „Es hilft einer Firma, gut zu funktionieren, weil ein informelles Gespräch Vertrauen und Verbindlichkeit zwischen den Angestellten schafft.“ Dienstliche Angelegenheiten beherrschen zum geringeren Teil das Gespräch. 60 Prozent der Themen drehen sich um Sport. Politik oder persönlichen Austausch. Klatsch und Tratsch nehmen erstaunlicherweise nur fünf Prozent ein, wobei Spott oder üble Nachrede unter Kollegen wenig Zustimmung findet.
Komplett zurück an den Schreibtisch in der Firma wird es wohl nicht gehen. Es zeichnen sich Mischformen des Arbeitsalltags ab. Etwas sozialer Kitt lässt sich auch in die Videokonferenz schmuggeln. Zunächst dadurch, dass überhaupt die Kamera mitläuft und die Kollegen einander sehen. Wie im wirklichen Leben gilt auch hier: Gute Zuhörer zeigen Interesse und sie lächeln, heben die Augenbrauen und nicken an den richtigen Stellen.
Stressfaktor Urlaub
Der erste Arbeitstag nach dem Urlaub beschert einigen schlechte Träume in der Nacht zuvor und lange Zähne beim ersten Aufruf des E-Mail-Accounts. Schlimmstenfalls verpufft die Erholung schon in der Anfangswoche ...
am Schreibtisch. Das zeigen Studien des britischen Organisationspsychologen Cary Cooper. 76 Prozent aller Angestellten sind schon in der ersten Woche nach dem Urlaub wieder im Hamsterrad des Büros angekommen. Böse Überraschungen kann man nicht verhindern. Es lässt sich jedoch mit etwas Vorbereitung ein Dämpfungsfaktor einplanen. Dazu gehören Geschichten von den Ferien und in Maßen auch das Herumzeigen von Bildern im Kollegenkreis. Unbedingt gilt es, Zeitdruck am Arbeitsplatz direkt nach dem Urlaub zu vermeiden. Keine Überstunden in den ersten Tagen, so die Empfehlung von Cooper. Nahezu einer Binsenweisheit entspricht das Ergebnis von Psychologinnen der Universität Mannheim. „Wem es gelingt, Arbeit und Freizeit sauber zu trennen und beides in Einklang zu bringen, der leistet im Beruf mitunter mehr.“
Der Urlaubspsychologe Jeroen Nawijn sieht die Trennung nicht ganz so eng. Nach seiner Erfahrung haben 15 Minuten Arbeit pro Urlaubstag keine negative Auswirkung auf die Erholung. So sei noch die Erkenntnis eines ernsthaften Spaßvogels erwähnt: Ich habe nachgedacht. Ich glaube, es ist die Arbeit, die meine Work-Life-Balance empfindlich stört.
BÜCHER UND ARTIKEL
Kontext ist King
Viele Informationen, teilweise widersprüchlich, prägen unsere Wahrnehmung. Der Ansturm ist derart massiv, dass die Welt unübersichtlich geworden scheint. In den Hintergrund sind die Zusammenhänge getreten, so ...
der Ansatz Wolf Lotters. In seinem Buch „Zusammenhänge“ entwickelt er Perspektiven, wie das Verständnis zur Welt wieder verzahnt werden kann. Kontextkompetenz lautet der Begriff, der die Tür öffnet. Wissen entfaltet sich nur in Zusammenhängen, so Lotter, der seit 2000 Essays zu Schwerpunktthemen im Wirtschaftsmagazin „brandeins“ schreibt und zu dessen Gründungsmitgliedern er gehört. Für ihn hat Vereinheitlichung die Grundlage der materiellen Erfolge der Industriegesellschaft geschaffen. Salopp gesprochen hat sich dieser Prozess immer weiter in ein Entweder-oder bewegt. Folglich haben sich hierbei Scheuklappen entwickelt, die die Sicht auf breitere Zusammenhänge einschränken oder gar versperren. Es ist an der Zeit, das Sowohl-als-auch wiederzubeleben, womit sich erheblich mehr Möglichkeiten ergeben.
Man merkt Lotter an, dass er ein erfahrener Essayist ist, der komplexe Sachverhalte verständlich vermitteln kann. Für ihn sind Verstehenwollen und Verstehenkönnen wichtige Voraussetzungen konstruktiver Zusammenarbeit. Das Beharren auf Standpunkten oder Sichtweisen gehört nicht dazu. Kombinationsgabe ist nicht allzu weit entfernt von dem neueren Begriff Kontextkompetenz. Beide beschreiben die Fähigkeit, Zusammenhänge zu finden und herzustellen. Es gibt in der Literatur eine Figur, die hierfür ein Paradebeispiel abgibt: Sherlock Holmes.
Wolf Lotter, Zusammenhänge, Wie wir lernen, die Welt wieder zu verstehen, Edition Körber, Hamburg 2020, 294 Seiten, € 20,00
Maschinen an die Macht
Zwiespältig verfolgen Gesellschaft wie Wissenschaft die rasante Entwicklung der Künstlichen Intelligenz (KI). Könnte KI ab dem Zeitpunkt der technischen Singularität, also dem Moment, ab dem der Menschen der Maschine geistig ...
unterliegt, die Führung übernehmen? Murray Shanahan beschäftigt sich in seinem Buch „Die technologische Singularität“ damit, ob diese Befürchtung berechtigt ist. Der Professor für kognitive Robotik erläutert verständlich und sachkundig, welche Voraussetzungen überhaupt gegeben sein müssten, dass das menschliche Gehirn ins Hintertreffen gerät. Hierbei führt er den Leser in einem ausführlichen Exkurs in die neurologischen Besonderheiten des menschlichen Denkens. Es wird schnell klar, dass die Rechnerkapazitäten noch lange nicht ausreichen werden, Gehirn in Funktion und Komplexität zu spiegeln. Dagegen hält er es für möglich, dass KI auf dem Niveau einer Maus in absehbarer Zeit zu verwirklichen ist.
Es wird nicht nur eine Form künstlicher Intelligenz geben, so Shanahan, sondern verschiedene Konzeptionen maschineller Denkfähigkeit. Grundsätzlich unterscheidet er das „biologisch inspirierte“ Vorgehen, bei dem ein natürliches Gehirn kartiert und simuliert wird und das technologisch körperlose Konstrukt, das rein virtuell existiert. Die Schlüsselrolle fällt dem Menschen zu, denn er ist es, der über Algorithmen und Anwendung die Richtung beeinflusst. Bleibt zu hoffen, dass diese Entwicklung wie in Goethes Zauberlehrling gebührend begleitet bleibt: „In die Ecke, Besen! Besen! Seids gewesen. Denn als Geister ruft euch nur zu seinem Zwecke erst hervor der alte Meister.“
Murray Shanahan, Die technologische Singularität, aus dem Englischen von Nadine Miller, Matthes & Seitz, Berlin 2021, 254 Seiten, € 20,00
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