NETZ UND TRENDS
Echt und täuschend echt
Netzwerk Nutzer wissen, dass im Netz viel Unsinn steht. Besonders bei Erfahrungsberichten zu Produkten und Dienstleistung ist die Bandbreite zwischen echt und täuschend echt schwierig zu erkennen. Ein paar kleine Hilfestellungen …
verstärken die Bewertungskompetenz. Nicht alle Sternchen machen ein Produkt zum Star. Es lohnt sich der Blick auf die einzelnen Kritikpunkte. Der muffige Kellner wird vom nächsten Rezensenten als Original gesehen. Ein weiteres probates Mittel ist die Eingrenzung der Anzahl vergebener Sterne. Im Mittelfeld der Vergabe sind die Bewertungen häufig sachlicher. Daher sortiert man mit der Auswahl, nur zwei oder mehr Stern-Bewertungen anzuzeigen, Verriss aus Rache oder übermäßige Lobhudelei aus. Auch der gekaufte Fürsprecher findet sich vermehrt in den Maschen des Netzes. Bei ihm handelt es sich um eine besonders gut getarnte Spezies. Name und Foto sind zwar echt, aber die Empfehlung stammt aus der Feder spezialisierter Agenturen. Hier sind überlange sowie gut bebilderte Rezensionen ein Merkmal, Vorsicht walten zu lassen. Es gibt Werkzeuge (welch Überraschung!), die helfen, zweifelhafte Bewertungen auszusortieren. Fakespot und Reviewmeta sind beispielsweise solche Dienste. Klar muss man sich allerdings darüber sein, dass es sich hierbei um Geschäftsmodelle handelt. Diesen unterliegen, dem Algorithmus sei Dank, unterschiedliche Auffassungen, was authentisches Feedback ist und was nicht. Es soll überdies auch Wettbewerber geben, die gezielt die Konkurrenz schlecht reden lassen. Zu guter Letzt hilft wohl nur eine vom Aussterben bedrohte Eigenschaft, der „gesunde Menschenverstand“.
Räubern mit Ransomware
„Guten Tag, wenn Sie Ihre Unternehmensdaten wieder nutzen möchten, zahlen Sie …“! Solche oder ähnliche Meldungen überraschen Unternehmer morgens beim Hochfahren der Rechner. Das ist bitter aber …
neuerdings keine Seltenheit. Letztes Jahr belief sich der Schaden durch solche kriminellen Umtriebe weltweit auf rund 5 Milliarden US-Dollar. Für die nächsten zwölf Monate rechnen Datenschützer mit Lösegeldern von über 11 Milliarden US-Dollar. Mit einer sogenannten Ransomware verschaffen sich die erpresserischen Netzpiraten Zugang zu Unternehmensnetzwerken. Von allen Modi Operandi im Bereich Cybercrime besitzt Ransomware mit das höchste Schadenspotenzial. Bei einer Infektion mit Ransomware werden die Opfersysteme verschlüsselt und für die Entschlüsselung Lösegeld verlangt. Immer häufiger werden parallel auch Daten ausgespäht, um zusätzlich mit einer möglichen Veröffentlichung der gehackten Inhalte drohen zu können. Dieses Vorgehen wird Double Extortion genannt und avanciert zum Standard-Modus-Operandi. Ein Ransomware-Angriff kann zu massiven und kostenintensiven Geschäfts- oder Funktionsunterbrechungen und damit erheblichen Folgen für davon betroffene Unternehmen führen. Nicht selten geben die Erpresser den Datenzugriff nach Zahlung wieder frei, sicher ist das allerdings nicht. Auf den Seiten des Bundeskriminalamtes (bka.de) finden sich neben Vorbeugemaßnahmen auch Verhaltensregeln im Schadensfall. Die Lösegeldzahlung gehört nicht dazu.
ERFAHRUNGEN UND ERFOLGE
Gut für die Karriere, schlecht für die Forschung
Wissenschaftlich fragwürdige Projekte führen dazu, dass die Ergebnisse von Studien und Untersuchungen im besten Fall schräg sind. Sie können auch komplett substanzlos sein. Zu diesem Schluss gelangt die niederländische National Survey on Research Integrity. Um einen Einzelfall handelt es sich ...
nicht. Das Problem besteht weltweit und damit auch in Deutschland. Es geht, vereinfacht gesagt, darum, dass Forscher künftig transparenter arbeiten müssen. Dazu gehören Studien-Vorhaben veröffentlicht, bevor sie durchgeführt werden. Nicht nur der Zugriff auf die Ergebnisse gehört ermöglicht, sondern auch die Beschreibung wie gerechnet wurde und welche Programme dabei zum Einsatz gekommen sind. Um diese Form akademischer Nachhaltigkeit bemühen sich zunehmend mehr Universitäten und Forschungseinrichtungen. Man spricht von einer Open-Science-Bewegung.
Was nicht passt, wird passend gemacht; dieses bewährte Motto aus der Handwerkerschaft hatte unmerklich Einzug in die Wissenschaft gehalten. So wurden beispielsweise Studienresultate statistisch relevant, was nicht hätte passieren dürfen. Das p-Hacking gehört zur Schummelei. Hierbei versuchen die Forscher die anfängliche Forschungsfrage anzupassen, damit diese zum Herausgefundenen besser passt. Gern werden auch viele verschiedene Variablen gemessen, da hier der Zufall bei der Wahrscheinlichkeit nachhilft, dass sich irgendwas hierbei als signifikant erweist. Nun ist es beileibe nicht so, dass die Grundlagen seriösen wissenschaftlichen Arbeiten aus den Lehrbüchern verschwunden wären. Ein Mitbegründer der Open-Science-Bewegung bringt es auf den Punkt: Die Verführung wurde immer größer, sich so zu verhalten, dass es die Forschung nicht förderte, die eigene Karriere aber deutlich beschleunigte.
Stets bemüht
Das Ausstellen von Arbeitszeugnissen ist ein undankbares bis schwieriges Unterfangen. Diese Aufgabe verlagert sich zunehmend von den Personalabteilungen hin zu den Führungskräften. Was man wie schreiben oder weglassen sollte, ...
unterliegt nur bedingt einer Codierung oder verbindlichen Vorgaben. So ist theoretisch dem gesetzlichen Anspruch auf ein wohlwollendes Zeugnis mit der Note „befriedigend“ genüge getan. Praktisch findet diese Zensur eher selten die Zustimmung des verabschiedeten Mitarbeiters. Die hierzu geführten gerichtlichen Auseinandersetzungen werden seit 2006 nicht mehr gezählt, in jenem Jahr waren es übrigens rund 30.000 Prozesse. Grundsätzlich gibt es vor Gericht für beide Seiten nicht viel zu gewinnen. Aufwand für den Arbeitgeber steht den zeitnah laufenden Bewerbungen mit vollständigen Unterlagen des Arbeitnehmers entgegen.
Standardfloskeln in Zeugnissen lassen sich durch Internetrecherche schnell hinterfragen. Der Einsatz von Textbausteinen wird ebenfalls kritisch gesehen. Seit 2016 werden zudem Zeugnis-Generatoren bei Unternehmen eingesetzt. Auch hier sinkt nach Ansicht von Fachleuten die Aussagekraft, da sich in Summe die Bewertungen immer ähnlicher werden. Grundsätzlich gilt, je detaillierter und länger das Zeugnis ausfällt, um so mehr spricht es für den scheidenden Arbeitnehmer. Auf diesem Hintergrund lässt sich nachvollziehen, dass der Wunsch laut wird, direkt Noten zu vergeben. Problematisch bleiben Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Bewertung. Hier würde eine Normierung der Kriterien und Bewertungsmuster Abhilfe schaffen. So etwas zeitnah durch Gremien und Ausschüsse zu bringen, erscheint optimistisch. Ein Tänzchen im Algorithmus künstlicher Intelligenz wäre womöglich keine schlechte Alternative.
ENTWICKLUNG UND BEISPIELE
Joggingbuxe on the Job?
In Zeiten der heraufziehenden Postpandämie stellt sich die klassische Kleiderschrankfrage „Oh Gott, ich habe nichts anzuziehen“ vollkommen verändert. Krawatten sind schon vorher in Politik und Wirtschaft dem offenen Hemdkragen gewichen und ...
die Joggingbuxe on the Job wird wohl auf das Home Office beschränkt bleiben. „Was geht, Alter“ lautet die Frage auf den wiedereröffneten Büroetagen. Gewohnt pragmatisch beantworten US-Unternehmen mit „Hybrid-Kleidung“ das Dilemma, das nicht zuletzt durch platzenge Anzüge und Kostüme verstärkt ist. Dieses locker adrette Erscheinungsbild gerät aber je nach Position und Tätigkeit an seine Grenzen. Abgeleitet aus Paragraf 106 der Gewerbeordnung darf der Arbeitgeber vorgeben, wie Betrieb und Belegschaft nach außen in Erscheinung treten soll. Am Bankschalter sind die Vorgaben detaillierter als auf der Baustelle. Das gilt auch bei Tattoos und Piercings. Sichtbare Haut-Tinte darf der Arbeitgeber bei begründetem Interesse verbieten und Beamte sind seit April dieses Jahres gesetzlich stärker reglementiert. Ihnen kann das offene Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen untersagt werden. Dennoch bleibt all dies eine Momentaufnahme, die von der gesellschaftlichen Akzeptanz geprägt ist. Schaut man im Sommer auf das Treiben im Straßenbild, so kann man sich nackt fühlen, wenn an prominenter Stelle der Haut kein Bildchen prangt.
Riech- und sichtbare Ungepflegtheit unterliegt dagegen nicht dem Zeitgeist. Was die Jogginghose angeht, kann man sich dessen nicht mehr so sicher sein. Nahezu prophetisch hat die Modeindustrie Schnitte gesellschaftsfähig gemacht, bei denen die Anzughosen aussehen, als könnte man darin nach Ablegen des Sakkos eine Runde laufen.
Aber Halo!
Forscher von der Universität Melbourne fanden erneut Bestätigung, dass schöne Tiere, Menschen und unbelebte Dinge automatisch als extra schützenswert angesehen werden. Diese Erkenntnis ist nicht neu. Es kann allerdings nicht ...
schaden, sich dieses Phänomen auch bei Management- und Personalentscheidungen zu vergegenwärtigen. Attraktiven Menschen wird unbewusst besondere Intelligenz unterstellt, wohinter u. a. der Halo-Effekt vermutet wird. Kurz zur Erinnerung: eine hervorragende Eigenschaft wirkt so sehr, dass sie auch die Bewertung anderer, davon unabhängiger Kategorien beeinflusst. Der Attraktivitätsvorteil lässt sich beliebig fortsetzen; schöne Babys werden von ihren Müttern mehr verhätschelt, ansehnliche Tiere sind in zoologischen Gärten überrepräsentiert etc.. Das macht auch in der Arbeitswelt nicht halt. Bessere und schnellere Jobangebote, höherer Verdienst und ein erhöhtes Vertrauen in Freundlichkeit und Kompetenz sind keine Seltenheit. Aber Achtung, das kann stimmen, muss aber nicht. Aufmerksam herumgeschaut findet man wahrscheinlich genau so viele Beispiele, die das Gegenteil belegen. Vor dem Zeitalter überbordender Political Correctness hätte mancher Spaßvogel wohl bemerkt: Lieber schön und gesund als hässlich und krank.
BÜCHER UND ARTIKEL
Nichts als Zufall?
Vor Gericht und auf hoher See befindet man sich in Gottes Hand. Diese alte Weisheit verdeutlicht, dass man in bestimmten Situationen dem Zufall ausgeliefert ist. Nach Erkenntnissen Daniel Kahnemans, Nobelpreisgeehrter Kognitionspsychologe, und ...
seiner Co-Autoren, Unternehmensberater Olivier Sibony und Jurist Cass R. Sunstein, wirkt die Zufälligkeit in viel größerem Maße als gedacht. Nach ihren Untersuchungen werden Entscheidungen, übrigens auch solche existentieller Art, nicht ausschließlich auf dem Hintergrund von Sachkompetenz und Argumenten getroffen. Nicht selten hat der kleine Gott des Zufalls mit seinem Würfelbecher die Hand im Spiel. Viele Einflüsse spielen dabei eine Rolle. Für das Phänomen, dass Gerichtsurteile morgens milder ausfallen als kurz vor der Mittagspause oder vor dem Sitzungsende, haben die Autoren zahlreiche weitere Beispiele zusammengetragen. Auch bei Ärzten zeigen sich Parallelen. Sind diese morgens vorsichtig und führen bei Patienten mit unklaren Befunden verschiedenste Tests durch, sinkt die Zahl der Untersuchungen vor Feierabend deutlich. Die Neigung zu schnellen, manchmal unüberlegten Entscheidungen nimmt zu. Sogar die letzten Ergebnisse des lokalen Fußballvereins können eine Rolle bei der Diagnose spielen. Die genannten Akteure sind sich dessen nicht bewusst, im Gegenteil, sie würden vehement bestreiten, dass Bagatellereignisse ihres Alltagslebens derart Einfluss auf ihr professionelles Wirken haben.
Der Buchtitel"Noise" (Rauschen) bezeichnet die zufällige wie unerwünschte Streuung bei Entscheidungen aller Art. Dieses Rauschen kann durch alles Mögliche verursacht sein, wobei die Intensität dieser Störeinflüsse stark schwankt. Entscheidungen lassen sich nur schwer vorhersehen. Es ergeht einem dabei so wie bei Prognosen. Sie sind besonders schwierig, wenn sie die Zukunft betreffen. Natürlich bieten Wissenschaftler wie dieses Autoren Trio Lösungen an. Wie tragfähig diese sind, wird sich erweisen – oder auch nicht. Ob wie gefordert mehr Richtlinien helfen, sei dahingestellt. Es gibt auch die Erkenntnis, dass, je enger der Handlungskorridor gesetzt ist, um so mehr sinkt die Bereitschaft zur Eigenverantwortung.
Daniel Kahneman, Olivier Sibony und Cass R. Sunstein: "Noise – Was unsere Entscheidungen verzerrt und wie wir sie verbessern können", Siedler-Verlag, München 2021, 480 Seiten, € 30,00
Alles ist gut
Erschreckend aktuell liest sich das „Philosophische Taschenwörterbuch“ von Voltaire. Das Dictionnaire philosophique portatif erschien 1764. Es gilt als eine der wichtigsten Schriften der Aufklärung und ...
liegt erstmals in einer neuen, kompletten Übersetzung auf Deutsch vor. 73 Kapital von A wie Abraham bis V wie vertu (Tugend) laden zu einem scharfsinnigen Feuerwerk ein, das auf Ärgernisse wie Dummheit, Intoleranz, Fanatismus und Starrsinn zielt. Religiösen Fanatismus entschärft der französische Aufklärer kühl, elegant. „Habt ihr zwei Religionen, werden sie sich die Kehle durchschneiden, habt ihr dreißig, leben sie miteinander in Frieden.“ Wunderbar zeitgemäß wirkt auch der Blick auf unseren Planeten, der die starke Umweltbelastung auf satirische Weise vorhersieht. Im Kapitel „Alles ist gut“ stellten die Syrer sich vor, dass Mann und Frau begannen, Fladenbrot statt Ambrosia zu essen. Ambrosia schwitzt man durch Poren aus, Fladenbrot bedarf anderer Wege der Verdauung und Entsorgung. Auf Nachfrage, wo denn das stille Örtchen sei, verwies ein Engel auf einen kleinen, unscheinbaren Planeten, unendlich weit entfernt. Dies sei das stille Örtchen des Universums. „Sie gingen hin, man ließ sie dort, und seit dieser Zeit war unsere Welt das, was sie ist.“
Das Buch lädt ein, als Abendlektüre genutzt zu werden. Die Kapitel sind kurz und ebenso weilig. Man kann sicher sein, auch als Kenner unserer Kultur, die ein oder andere humanistische Bildungslücke zu entdecken und zu schließen. Für diesen Fall sei allerdings darauf hingewiesen, dass sich Voltaire als Pageturner entlarven kann.
Voltaire, Philosophisches Taschenwörterbuch. Deutsche Erstausgabe. Hg. von Rainer Bauer, übersetzt von Angelika Oppenheimer, Reclam Verlag, Ditzingen 2020, 444 Seiten, € 36,00
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